Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG NR. 03/01

8. Februar 2001

Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-350/99

Wolfgang Lange / Georg Schünemann GmbH

DER ARBEITGEBER MUSS DEN ARBEITNEHMER ÜBER DESSEN VERPFLICHTUNG ZUR LEISTUNG VON ÜBERSTUNDEN UNTERRICHTEN


Nach Auffassung des Gerichtshofes stellt die Verpflichtung zur Leistung von Überstunden auf bloße Anordnung des Arbeitgebers einen wesentlichen Punkt des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses dar, der dem Arbeitnehmer schriftlich mitzuteilen ist

Der Kläger war seit dem 1. Juni 1998 bei der Beklagten als Dreher beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 23. April 1998 enthielt keine Angaben über die Leistung von Überstunden.

Da der Kläger Überstunden verweigerte, die sein Arbeitgeber im Hinblick auf die termingemäße Erfüllung von Kundenaufträgen angeordnet hatte, kündigte dieser am 15. Dezember 1998 den Arbeitsvertrag zum 15. Januar 1999.

Vor dem vom Kläger angerufenen Arbeitsgericht Bremen streiten die Parteien darüber, welche Vereinbarung bei Einstellung des Klägers in Bezug auf Überstunden getroffen wurde.

Das deutsche Gericht hat den Gerichtshof zur Anwendung des Gemeinschaftsrechts betreffend die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen befragt. Muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von einer Vereinbarung in Kenntnis setzen, die den Arbeitnehmer zur Leistung von Überstunden auf bloße Anordnung des Arbeitgebers verpflichtet?

Nach Auffassung des Gerichtshofes legt die betreffende Richtlinie eine allgemeine Pflicht des Arbeitgebers fest, den Arbeitnehmer über alle wesentlichen Punkte des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses zu unterrichten. Die in der Richtlinie enthaltene Liste dieser Punkte sei nicht abschließend. Daher gehöre eine Vereinbarung, nach der der Arbeitnehmer zur Leistung von Überstunden auf bloße Anordnung des Arbeitgebers verpflichtet sei, zu den Bedingungen, von denen der Arbeitnehmer schriftlich in Kenntnis zu setzen sei.

Diese Unterrichtung könne wie die Unterrichtung über die normale Arbeitszeit gegebenenfalls in Form eines Hinweises auf die Rechts- und Verwaltungsvorschriften bzw. die Satzungs- oder Tarifvertragsbestimmungen erfolgen.

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass keine Bestimmung der Richtlinie es gebiete, einen wesentlichen Punkt (hier die Leistung von Überstunden), über den der Arbeitnehmer nicht in Kenntnis gesetzt worden sei, als unwirksam zu betrachten. Die Unwirksamkeit dieses Punktes folge nicht zwingend aus diesem Versäumnis, da den Mitgliedstaaten die Befugnis verblieben sei, die im Fall der fehlenden Unterrichtung des Arbeitnehmers über einen wesentlichen Punkt des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses geltenden Sanktionen zu bestimmen.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet.

Dieses Dokument liegt in deutscher, englischer und französischer Sprache vor.

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