Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG N. 31/01

12. Juli 2001

Urteil des Gerichts in den verbundenen Rechtssachen T-12/99 und T-63/99


UK Coal (vormals RJB Mining) gegen Kommission

DAS GERICHT WEIST DIE KLAGEN VON RJB MINING GEGEN DIE ENTSCHEIDUNGEN DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION AB, MIT DENEN DIESE DIE BEIHILFEN DEUTSCHLANDS ZUGUNSTEN SEINES STEINKOHLENBERGBAUS IN DEN JAHREN 1998 UND 1999 GENEHMIGT HATTE

Die Kommission war nicht verpflichtet, den 1998 im deutschen Steinkohlenbergbau durchgeführten Zusammenschluss bei ihrer Bewertung der Beihilfen zu berücksichtigen, die Deutschland dem Sektor 1998 und 1999 gewährt hat.

    Der EGKS-Vertrag (Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl) verbietet grundsätzlich staatliche Beihilfen zugunsten von Kohlenbergbauunternehmen. Die Kommission erließ in diesem Zusammenhang 1993 eine allgemeine Entscheidung über die Gemeinschaftsregelung für staatliche Beihilfen zugunsten des Steinkohlenbergbaus («Kodex»), in der die Bedingungen für die Gewährung bestimmter Beihilfen definiert sind.

    - Die Kommission genehmigte am 29. Juli 1998 den Zusammenschluss von drei deutschen Steinkohleerzeugern: RAG Aktiengesellschaft (RAG), Saarbergwerke (SBW) und Preussag Anthrazit GmbH. Dieser Zusammenschluss ist Teil des zwischen diesen Erzeugern und den deutschen Behörden geschlossenen «Kohlekompromisses», der die Gewährung staatlicher Beihilfen durch die deutsche Regierung vorsieht. Im Februar 2000 leitete die Kommission ein förmliches Verfahren ein, um von der deutschen Regierung Auskunft über gegebenenfalls mit dem Zusammenschluss verbundene Beihilfeelemente zu erhalten, insbesondere in Bezug auf den Erwerb der SBW durch die RAG zum Preis von 1 DM.

    Aufgrund der Klage der RJB Mining, einer mit der RAG konkurrierenden Bergwerksgesellschaft mit Sitz im Vereinigten Königreich, erklärte das Gericht am 31. Januar 2001 die Entscheidung, mit der der Zusammenschluss genehmigt worden war, für nichtig, weil die Kommission nicht gründlich genug geprüft habe, inwieweit der Preis von 1 DM für den Verkauf der SBW an die RAG die Finanzkraft der RAG gestärkt habe (siehe Pressemitteilung 02/2001; gegen dieses Urteil wurde Rechtsmittel eingelegt).
        

    - Am 2. Dezember 1998 erließ die Kommission eine Entscheidung über Beihilfen Deutschlands zugunsten des Steinkohlenbergbaus im Jahr 1998. In dieser Entscheidung genehmigte die Kommission «Betriebsbeihilfen» in Höhe von 5,252 Mrd. DM sowie «Beihilfen zur Rücknahme der Fördertätigkeit» in Höhe von 3,164 Mrd. DM.

    - Am 22. Dezember 1998 erließ die Kommission eine Entscheidung über Beihilfen Deutschlands zugunsten des Steinkohlenbergbaus im Jahr 1999. In dieser Entscheidung genehmigte die Kommission «Betriebsbeihilfen» in Höhe von 5,214 Mrd. DM sowie «Beihilfen zur Rücknahme der Fördertätigkeit» in Höhe von 3,220 Mrd. DM.

    Da die Nachfrage nach Kohle im Vereinigten Königreich seit 1990 stark zurückgegangen ist, hat RJB Mining versucht, u. a. in Deutschland Märkte für einen Teil ihrer überschüssigen Produktion zu finden. Sie hat beantragt, die Entscheidungen der Kommission vom 2. Dezember 1998 (Rechtssache T-12/99) und vom 22. Dezember 1998 (Rechtssache T-63/99) wegen mehrerer Verstöße gegen den EGKS-Vertrag und den «Kodex» für nichtig zu erklären. Sie warf der Kommission außerdem vor, bei ihrer Bewertung der Beihilfen Deutschlands zugunsten des Steinkohlenbergbaus in den Jahren 1998 und 1999 nicht hinreichend berücksichtigt zu haben, ob mit dem Zusammenschluss nicht notifizierte staatliche Beihilfen verbunden waren.

     Das Gericht hat diese Klagen heute abgewiesen, weil die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie die staatlichen Beihilfen genehmigt hat.

    Im Hinblick darauf, dass der Zusammenschluss 1998 wirksam geworden ist, ist die von der RJB Mining angeführte staatliche Beihilfe in Höhe von 1 Mrd. DM, falls ihre Existenz feststünde, im Laufe desselben Jahres in den Besitz der RAG gelangt. Folglich kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, sie habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, weil sie die Wirkungen dieser etwaigen Beihilfen bei ihrer Entscheidung über die Bewertung der Beihilfen für 1999 nicht berücksichtigt habe.

    Was die Entscheidung für 1998 angeht, so erhielt die Kommission nach den Feststellungen des Gerichts in dem betreffenden Jahr keine genauen Informationen dahin, dass die RAG eine Beihilfe in Höhe von 1 Mrd. DM empfangen habe. Außerdem warf die Bewertung des angeblichen Betrages von 1 Mrd. DM komplexe wirtschaftliche und finanzielle Fragen auf, über die die Kommission nicht vor Erlass der Entscheidung über die Beihilfen für 1998 entscheiden konnte.

    Der Erlass dieser Entscheidung konnte nämlich nicht weiter aufgeschoben werden, weil mit ihr Ende 1998 und damit nachträglich Beihilfen genehmigt wurden, die bereits im Laufe des Jahres ausgezahlt worden waren. Der für die Durchführung und den Abschluss einer Untersuchung über den Einfluss des Zusammenschlusses erforderliche Zeitaufwand hätte das für die Genehmigung der jährlichen Beihilfen geltende System gefährdet.

    Diese Argumentation gilt entsprechend für die Bewertung der durch den Zusammenschluss angeblich erzielten Synergieeffekte.

NB: Gegen die Entscheidung des Gerichts kann binnen zwei Monaten ab Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften eingelegt werden.


Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument,
das das Gericht nicht bindet.

Dieses Dokument liegt in deutscher, englischer und französischer Sprache vor.

Wegen des vollständigen Wortlauts des Urteils konsultieren Sie bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr unsere Homepage im Internet www.curia.eu.int 

Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle Phalippou,
Tel.: (00352) 4303 - 3255 Fax: (00352) 4303 - 2734.