Seit 1996 unterscheidet das Personenbeförderungsgesetz zwischen eigenwirtschaftlichen
und gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistungen. Eigenwirtschaftlich
sind Verkehrsleistungen, deren Aufwand durch Unternehmenserträge gedeckt
wird. Nach dem Personenbeförderungsgesetz unterliegen die gemeinwirtschaftlichen
Verkehrsleistungen der Gemeinschaftsverordnung von 1969 über die
Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes, während die eigenwirtschaftlich
erbrachten Verkehrsleistungen von ihr ausgenommen sind.
1990 erhielt die Altmark Trans GmbH Genehmigungen zur Beförderung von
Personen mit Omnibussen im Landkreis Stendal. 1994 erneuerten die deutschen
Behörden die Genehmigungen von Altmark Trans und lehnten dieGenehmigungsanträge
der Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH (im Folgenden: NVG Altmark) ab. Die
NVG Altmark erhob Klage bei den deutschen Gerichten und trug vor, dass die Altmark
Trans Zuschüsse erhalte, die mit den Gemeinschaftsvorschriften über
staatliche Beihilfen unvereinbar seien.
Das Oberverwaltungsgericht hob die der Altmark Trans erteilten Genehmigungen
auf. Da die Altmark Trans zwingend auf Zuschüsse angewiesen sei, könne
sie den fraglichen Verkehr nicht mehr eigenwirtschaftlich durchführen.
Dieser Verkehr müsse daher gemeinwirtschaftlich betrieben werden und damit
unter die Gemeinschaftsverordnung über die Verpflichtungen des öffentlichen
Dienstes fallen. Außerdem seien die der Altmark Trans gewährten
Zuschüsse mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar.
Das Bundesverwaltungsgericht, bei dem die Revision anhängig ist, befragt
den Gerichtshof der EG, ob
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die Zuschüsse des Landkreises Stendal an die Altmark
Trans nach dem EG- Vertrag verbotene staatliche Beihilfen sind;
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die deutschen Behörden berechtigt sind, die eigenwirtschaftlich
erbrachten Verkehrsleistungen von der Gemeinschaftsverordnung von 1969 über
die Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes auszunehmen.
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Generalanwalt Philippe Léger ist der Auffassung, dass Deutschland berechtigt
sei, die eigenwirtschaftlich erbrachten Dienstleistungen von der Verordnung
von 1969 auszunehmen, da diese für Stadt-, Vorort- und Regionalverkehrsdienste
fakultativ sei. Bei diesen Verkehrsdiensten stehe es den Mitgliedstaaten somit
frei, den Unternehmen Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes aufzuerlegen
und ihnen Beihilfen zu gewähren. Jedoch müssten die Mitgliedstaaten
die allgemeinen Bestimmungen des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen
einhalten.
Insoweit weist der Generalanwalt darauf hin, dass Zuschüsse, die die
Mitgliedstaaten zum Ausgleich der Kosten der Verpflichtungen des öffentlichen
Dienstes gewährten, die sie den Personenverkehrsunternehmen auferlegten,
staatliche Beihilfen darstellten, die unter das in den allgemeinen Bestimmungen
des EG-Vertrags angeordnete Verbot fielen.
Die Zuschüsse des Landkreises Stendal an die Altmark Trans seien nämlich
Vorteile, die den Wettbewerb verfälschen könnten. Außerdem könnten
sich dieseZuschüsse auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirken,
da mehrere Mitgliedstaaten bereits ihren Markt für Unternehmen geöffnet
hätten, die in einem anderen Staat ansässig seien. Daher sei der örtliche
oder regionale Charakter der Verkehrsleistungen nicht geeignet, die Anwendung
der Bestimmungen des EG- Vertrags über staatliche Beihilfen auszuschließen.
Mitgliedstaaten, die solche Zuschüsse gewähren wollten, seien verpflichtet,
ihre Beihilfepläne bei der Kommission anzumelden und deren Genehmigung
abzuwarten, bevor sie die Zuschüsse gewährten.
Daher habe das Bundesverwaltungsgericht in dieser Rechtssache zu prüfen,
ob der Landkreis Stendal die Beihilfen bei der Kommission angemeldet habe. Sei
dies nicht der Fall, habe das Gericht alle Konsequenzen aus diesem Verstoß
zu ziehen und die Rückforderung der Beihilfen anzuordnen.