Abteilung Presse und Information


PRESSEMITTEILUNG N. 35/02

25. April 2002

Urteile des Gerichtshofes in den Rechtssachen C-52/00, C-154/00 und C-183/00

Kommission / Französische Republik - Kommission / Hellenische Republik - V. González Sánchez / Medicina     Asturiana SA

DIE HAFTUNG DES HERSTELLERS FÜR FEHLERHAFTE PRODUKTE MUSS IN ALLEN MITGLIEDSTAATEN IDENTISCH SEIN

Die Französische Republik und die Hellenische Republik werden verurteilt, weil sie die

Harmonisierungsmaßnahmen nicht ordnungsgemäß umgesetzt haben.

Der Rat hat 1985 einstimmig eine Richtlinie erlassen, die eine Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung des Herstellers für Schäden bezweckt, die durch die Fehlerhaftigkeit seiner Produkte verursacht worden sind. Mit dieser Regelung der Gefährdungshaftung für fehlerhafte Produkte sollten die Hindernisse für die Einheit des Gemeinsamen Marktes und die Wettbewerbsverfälschungen infolge der Unterschiedlichkeit der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften beseitigt werden.

Der Gerichtshof entscheidet heute in drei Rechtssachen, in denen sich die Frage nach dem Handlungsspielraum stellt, über den der nationale Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinie verfügt. Gewährt die Richtlinie den Mitgliedstaaten einen Gestaltungsspielraum bei der Regelung der Haftung für fehlerhafte Produkte, oder sind sie vollständig an die durch die Richtlinie eingeführte harmonisierte Haftungsregelung gebunden?

Der Gerichtshof weist in den drei Urteilen zunächst darauf hin, dass die vom Rat herangezogene Rechtsgrundlage keine Befugnis für die Mitgliedstaaten vorsehe, von den Harmonisierungsmaßnahmen der Gemeinschaft abweichende Vorschriften beizubehalten oder einzuführen.
Mit Blick auf den Wortlaut und den Zweck der Richtlinie führt er sodann aus, dass diese für die darin geregelten Punkte eine vollständige Harmonisierung bewirke.

Diese Art von Gefährdungshaftung ermögliche es dem Geschädigten, wenn er den Schaden, den Fehler des Produktes und den ursächlichen Zusammenhang zwischen diesem Fehler und dem Schaden beweise, Schadensersatz unmittelbar vom Hersteller zu verlangen, der als verantwortlich für den durch die Fehlerhaftigkeit seines Produktes verursachten Schaden angesehen werde. Die Richtlinie sehe allerdings vor, dass der materielle Schaden nur berücksichtigt werde, wenn er höher sei als 500 Euro.
Die Hellenische Republik und die Französische Republik werden u. a. deshalb verklagt, weil sie in ihrem nationalen Recht von dieser Selbstbeteiligung von 500 Euro abgesehen haben.

Der Gerichtshof führt aus, dass die Richtlinie das Ergebnis einer komplexen Abwägung widerstreitender Interessen sei und diese Schwelle von 500 Euro der Absicht des Gemeinschaftsgesetzgebers entsprochen habe, eine übermäßige Anzahl an Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, die von durch fehlerhafte Produkte Geschädigten ausgingen, die nur einen geringfügigen materiellen Schaden erlitten hätten. Auch wenn den Geschädigten die vorteilhafteren Beweisregeln der Richtlinie nicht zugute kämen, würden ihre Rechte dennoch nicht missachtet. Denn unterhalb der Schwelle von 500 Euro könnten sie sich der klassischen Mittel des Haftungsrechts bedienen.
Die Hellenische Republik und die Französische Republik werden daher in diesem Punkt verurteilt.

Desgleichen habe die französische Gesetzgebung, die vorsehe, dass der Verteiler hafte und seinerseits Rückgriff auf den Hersteller nehmen könne, in negativer Hinsicht bewirkt, dass sich die Inanspruchnahmen häuften, was durch die Richtlinie gerade vermieden werden solle.

Schließlich bejaht der Gerichtshof die Frage eines spanischen Gerichts, ob die Richtlinie dahin auszulegen ist, dass die Ansprüche der durch ein fehlerhaftes Produkt Geschädigten nach dem Recht eines Mitgliedstaats infolge der Umsetzung der Richtlinie in das innerstaatliche Recht des betreffenden Staates eingeschränkt sein können.

Er führt aus, die Richtlinie lasse den Mitgliedstaaten keine Möglichkeit, eine allgemeine Regelung der Haftung für fehlerhafte Produkte beizubehalten, die von der Regelung der Richtlinie abweiche. Der Geschädigte behalte jedoch das Klagerecht im Rahmen der klassischen Haftung.


Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument,
das den Gerichtshof nicht bindet.

Dieses Dokument ist in Französisch, Griechisch, Spanisch, Englisch und Deutsch verfügbar.

Wegen des vollständigen Wortlauts des Urteils konsultieren Sie bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr unsere Homepage im Internet www.curia.eu.int .

Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle Phalippou,
Tel.: (0 03 52) 43 03 - 32 55; Fax: (0 03 52) 43 03 - 27 34.