PRESSEMITTEILUNG N. 55/02
1966 entwickelte die Firma Philips einen neuen elektrischen Rasierapparat
mit drei in Form eines gleichseitigen Dreiecks angeordneten rotierenden Köpfen.
1985 ließ sie nach englischem Recht eine Marke eintragen, die in der grafischen
Darstellung der Form und der Beschaffenheit der oberen Fläche dieses Rasierapparats
bestand. 1995 begann Remington, ein konkurrierendes Unternehmen, damit, einen
Rasierapparat mit einer ähnlichen Formgebung wie der von Philips verwendeten
herzustellen und im Vereinigten Königreich in den Handel zu bringen.
Das Ausgangsverfahren wurde durch eine Klage von Philips gegen Remington wegen
Verletzung ihres Markenrechts eingeleitet. Remington beantragte daraufhin die
Ungültigerklärung der für Philips eingetragenen Marke mit der
Begründung, das Zeichen, dessen sich die Marke bediene, sei nicht unterscheidungskräftig.
Der Court of Appeal (England & Wales) hat den Gerichtshof um Auslegung der
Markenrichtlinie ersucht. Diese Gemeinschaftsrichtlinie führt u. a.
die Eintragungshindernisse und Gründe für die Ungültigkeit der
Eintragung von Marken auf.
Das vorlegende Gericht ersucht den Gerichtshof, die Richtlinie u. a.
in Bezug auf drei Fragen auszulegen.
1. Gibt es eine Kategorie von Marken, die mit der Begründung von der
Eintragung ausgeschlossen werden können, sie seien nicht geeignet, die
mit ihnen gekennzeichneten Waren von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden,
selbst wenn sie durch ihre Benutzung Unterscheidungskraft erlangt haben?
Der Gerichtshof weist darauf hin, dass nach der Richtlinie
ein Zeichen eine Marke sein kann, wenn es zwei Voraussetzungen erfüllt:
Zum einen muss es sich grafisch darstellen lassen, und zum anderen muss es geeignet
sein, die Waren eines Unternehmens von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden.
Nach der Richtlinie können von der Eintragung ausgeschlossen
werden u. a. Marken ohne Unterscheidungskraft, beschreibende Marken und
Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen
Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten
üblich sind. Diese Regel wird jedoch dadurch abgemildert, dass ein Zeichen
infolge seiner Benutzung eine Unterscheidungskraft erwerben kann, die es ursprünglich
nicht hatte. Die Unterscheidungskraft, die Voraussetzung für seine Eintragung
ist, erwirbt das Zeichen also durch seine Benutzung.
Die Gemeinschaftsrichtlinie sieht jedoch auch vor, dass
Zeichen, die nicht als Marke eintragungsfähig sind, nicht eingetragen werden
dürfen. Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die Richtlinie durch dieses
Verbot die Eintragung von Zeichen ausschließen soll, die die zweite Voraussetzung
für die Eintragung einer Marke nicht erfüllen.
Folglich sind nur Marken, die aufgrund ihres Wesens
oder ihrer Benutzung unterscheidungskräftig sind, geeignet, die mit ihnen
gekennzeichneten Waren von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden, und
somit eintragungsfähig.
2. Reicht die Tatsache, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Form der
Ware mit einem bestimmten Hersteller verbinden und annehmen, dass alle Waren
mit dieser Form von diesem stammen, aus, um dieses Zeichen unterscheidungskräftig
zu machen, so dass es als Marke eingetragen werden kann?
Der Gerichtshof erinnert daran, dass das nationale
Gericht, wenn es zu der Auffassung gelangt, dass zumindest ein erheblicher Teil
der angesprochenen Verbraucher oder Verkehrskreise die Ware aufgrund der Marke
als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt, daraus den Schluss ziehen
muss, dass die Marke Unterscheidungskraft erworben hat und dass die Voraussetzung
für ihre Eintragung somit erfüllt ist. Entsprechend seiner ständigen
Rechtsprechung weist der Gerichtshof jedoch darauf hin, dass solche Umstände
nicht nur aufgrund von generellen und abstrakten Angaben festgestellt werden
können, sondern dass darauf abzustellen ist, wie ein Durchschnittsverbraucher
die fragliche Warenkategorie wahrnehmen würde.
Zudem muss es auf der Benutzung der Marke als Marke
beruhen, dass die Ware als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkannt
wird.
3. Kann ein nur aus der Form der Ware bestehendes Zeichen von der Eintragung
ausgeschlossen werden, wenn nachgewiesen wird, dass die wesentlichen Merkmale
der Form der Ware nur der technischen Wirkung zuzuschreiben sind, und wenn ja,
ist die Eintragung dennoch zulässig, wenn es andere Formen gibt, mit denen
sich die gleiche technische Wirkung erzielen lässt?
Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die Richtlinie
die Eintragungshindernisse für Zeichen, die sich auf die Form einer Ware
beziehen, erschöpfend aufführt. Der Zweck dieser Eintragungshindernisse
besteht darin, zu verhindern, dass das Markenrecht seinem Inhaber ein Monopol
für technische Lösungen einräumt, die auch Mitbewerber verwenden
können. Die Richtlinie soll somit verhindern, dass Formen,
deren wesentliche Merkmale einer technischen Funktion entsprechen, eingetragen
werden, damit die Mitbewerber nicht gehindert sind, eine Ware mit einer solchen
Funktion anzubieten oder zumindest eine technische Lösung mit einer
solchen Funktion zu wählen. Die Gemeinschaftsvorschrift verfolgt demnach
ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel, da sie verlangt, dass eine solche
Form von allen frei verwendet werden kann.
Zu der Frage, ob das Vorhandensein anderer Formen,
mit denen sich die gleiche technische Wirkung erzielen lässt, die Eintragung
des Zeichens zulässig macht, führt der Gerichtshof aus, dass nichts
im Wortlaut der Vorschriften der Richtlinie für eine solche Schlussfolgerung
spricht.
Hinweis: Da es sich um ein Vorabentscheidungsersuchen handelt, ist
es Sache des nationalen Gerichts, die Gemeinschaftsvorschriften in der vom Gerichtshof
vorgenommenen Auslegung auf den in Rede stehenden Rechtsstreit anzuwenden.
das den Gerichtshof nicht bindet. Dieses Dokument liegt in deutscher, französischer, englischer,
niederländischer und italienischer Sprache vor. Wegen des vollständigen Wortlauts des Urteils konsultieren Sie
bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr unsere Homepage im Internet
www.curia.eu.int Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle
Phalippou, |