PRESSEMITTEILUNG N. 58/02
Herr Bigi, gesetzlicher Vertreter des Unternehmens Nuova Castelli SpA, wurde
beim Tribunale Parma auf die Anzeige des Consorzio del Parmigiano Reggiano hin
angeklagt, weil er einen getrockneten, pasteurisierten und geriebenen Käse
in Pulverform aus einer Mischung verschiedener Käsesorten unterschiedlicher
Herkunft hergestellt hat, der nicht der Spezifikation der (seit 1996) geschützten
Ursprungsbezeichnung (GUB) "Parmigiano Reggiano" entsprach und dessen
Verkauf in Italien verboten ist. Dieser Käse, der ausschließlich zur
Vermarktung außerhalb Italiens, insbesondere in Frankreich, bestimmt ist,
trägt ein Etikett, auf dem das Wort "Parmesan" steht und aus
dem deutlich sein tatsächlicher Ursprung hervorgeht.
Nach der durch eine Verordnung des Rates von 1992 eingeführten gemeinschaftlichen
Schutzregelung für Ursprungsbezeichnungen ist vom Zeitpunkt der Eintragung
einer GUB an jede Verwendung dieser Bezeichnung für Erzeugnisse, die der
Spezifikation nicht entsprechen, grundsätzlich verboten. Diese Regelung
sieht auch abweichende Übergangsmaßnahmen vor: Die Mitgliedstaaten
können die Verwendung bestimmter eingetragener Bezeichnungen für nicht
konforme Erzeugnisse zulassen; ein Unternehmen, das Erzeugnisse unter der eingetragenen
Bezeichnung fünf Jahre lang vor dem Zeitpunkt der Eintragung rechtmäßig
in den Verkehr gebracht hat, kann dies noch weitere fünf Jahre lang tun,
wenn aus der Etikettierung der tatsächliche Ursprung des Erzeugnisses deutlich
hervorgeht. Damit soll den Herstellern, die derartige Bezeichnungen seit langem
verwenden, ein Anpassungszeitraum eingeräumt werden, damit ihnen keine
Nachteile entstehen; gleichzeitig sollen die Verbraucher geschützt und
die Lauterkeit des Wettbewerbs gewahrt werden.
Das Tribunale Parma begehrt vom Gerichtshof Auskunft über den Anwendungsbereich
der Ausnahmeregelung für nicht konforme Erzeugnisse.
Neben Italien haben Deutschland, Griechenland, Österreich, Frankreich und
Portugal in dieser Rechtssache Erklärungen abgegeben.
Zunächst hat der Gerichtshof auf einen Einwand Deutschlands festgestellt,
dass es keineswegs offensichtlich sei, dass die Bezeichnung "Parmesan"
zu einer Gattungsbezeichnung geworden wäre.
Der Gerichtshof prüft daher, ob die Übergangsregelung auf der GUB
nicht entsprechende Erzeugnisse angewandt werden kann, die aus dem Mitgliedstaat
stammen, der die Eintragung der GUB erwirkt hat.
Er stützt seine Erwägungen auf den Zweck der Ausnahmeregelung und
erinnert daran, dass diese von einem Mitgliedstaat in Anspruch genommen werden
kann, der in seinem Hoheitsgebiet und für begrenzte Zeit unter bestimmten
Voraussetzungen die vor der Einführung des gemeinschaftlichen Schutzes
geltende nationale Regelung beibehalten will.
Der Gerichtshof führt, aus, dass diese Ausnahmeregelung nur die
GUB betrifft, die nach einem vereinfachten Verfahren erwirkt worden sind (das
voraussetzt, dass die Erzeugnisse bereits rechtmäßig in dem
betreffenden Staat vor Einführung des Gemeinschaftsschutzes geschützt
waren) und nur für Erzeugnisse, die aus anderen Staaten als demjenigen
stammen, der ihre Eintragung beantragt hat.
Wenn ein Mitgliedstaat die Eintragung einer GUB beantragt, so können
Erzeugnisse, die der Spezifikation für diese Bezeichnung nicht entsprechen,
nicht rechtmäßig im Inland in den Verkehr gebracht werden.
Darüber hinaus können sie aber auch in anderen Mitgliedstaaten
nicht in den Verkehr gebracht werden, denn dies würde den Verbraucherschutz
und die Lauterkeit des Wettbewerbs beeinträchtigen.
Die bloße Angabe des tatsächlichen Ursprungs des Erzeugnisses, das
der GUB nicht entspricht, könnte nämlich den Verbraucher dennoch irreführen.
Ein Erzeugnis, dass in einem anderen Staat als demjenigen, der die Eintragung
der GUB beantragt hat, von einem Unternehmen des Herkunftsstaates des GUB-Erzeugnisses
in den Verkehr gebracht wird, würde aussehen wie das von der Eintragung
gedeckte Erzeugnis, der GUB jedoch nicht entsprechen. Diese Ursprungsangabe
könnte auch zugunsten des Herstellers des nicht konformen Erzeugnisses
auf einem anderen Markt als dem des GUB-Erzeugnisses unlautere Wettbewerbsbedingungen
zum Nachteil anderer Hersteller schaffen.
Daher kann sich Herr Bigi nicht auf die abweichende Übergangsregelung
berufen.
(KLARSTELLUNG:
Für in anderen Ländern als dem der GUB und in den Grenzen
der Ausnahmeregelung hergestellte nicht konforme Erzeugnisse [die
nicht Gegenstand dieser Rechtssache sind] gilt:
- Die abweichende Übergangsregelung kann nicht
bewirken, dass sie in dem Mitgliedstaat, der ihre Eintragung beantragt hat,
frei in den Verkehr gebracht werden können;
- sie könnten möglicherweise in den anderen
Staaten in den Verkehr gebracht werden, sofern der einzelne Staat zustimmt und
die übrigen in der Verordnung genannten Voraussetzungen [in Bezug auf Etikettierung
und Fristen] eingehalten werden.)
Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet. Dieses Dokument ist auf Französisch, Deutsch, Englisch, Spanisch,
Griechisch, Italienisch, Niederländisch und Portugiesisch verfügbar. Wegen des vollständigen Wortlauts des Urteils konsultieren Sie
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Phalippou, |