PRESSEMITTEILUNG N. 64/02
Makedoniko Metro und Michaniki AE / Elliniko Dimosio
DIE GENERALANWÄLTIN ÄUSSERT SICH ZU FRAGEN EINES GRIECHISCHEN
GERICHTS ÜBER DAS VERGABEVERFAHREN ZUM BAU DER UNTERGRUNDBAHN VON THESSALONIKI
Nach Ansicht der Generalanwältin verstößt ein nationales
Verbot der Änderung der Zusammensetzung einer Arbeitsgemeinschaft nach
Abgabe eines Angebots für einen öffentlichen Bauauftrag nicht gegen
Gemeinschaftsrecht.
In der zweiten Phase der Ausschreibungen gab auch die Arbeitsgemeinschaft
Angebote ab. Dann wurde sie durch eine deutsche Gesellschaft erweitert. In dieser
neuen Zusammensetzung hat sie ebenfalls ein Angebot eingereicht.
Aufgrund der Prüfung der Angebote wurde die Arbeitsgemeinschaft in dieser
Zusammensetzung
1994 als vorläufige Zuschlagsempfängerin nominiert.
Nach dem Beginn der Verhandlungen zwischen dem griechischen Staat und der
Arbeitsgemeinschaft teilte diese dem Minister im März 1996 mit, inzwischen
sei an die Stelle der bisherigen deutschen Gesellschaft eine andere deutsche
getreten.
Auf Fragen wegen Gerüchten, dass ihre italienischen Gesellschaften in
Konkurs gefallen seien, teilte die Arbeitsgemeinschaft dem Minister im Juni
1996 mit, die italienischen Gesellschaften seien ausgeschieden; die Arbeitsgemeinschaft
bestehe inzwischen aus der griechischen Gesellschaft Michaniki AE, der erwähnten
deutschen Gesellschaft und einer belgischen Gesellschaft.
Im November 1996 erklärte der Minister die Verhandlungen für gescheitert,
weil Positionen der
Arbeitsgemeinschaft von den Vorschriften der Ausschreibungsunterlagen wesentlich
abwichen. Er lud die zweite Anwärterin auf den vorläufigen Zuschlag,
die Thessaloniki Metro, zu Verhandlungen ein.
Die Arbeitsgemeinschaft beantragte beim griechischen Staatsrat
die Aufhebung der Entscheidung, mit der die Verhandlungen abgebrochen wurden.
Nach Auffassung des Staatsrates
ist nach den ausdrücklichen Ausschreibungsbedingungen die Änderung
in der Zusammensetzung einer Arbeitsgemeinschaft nur bis zur Abgabe der Angebote
zulässig. Daher sei die Arbeitsgemeinschaft in ihrer geänderten
Zusammensetzung nicht berechtigt, die Aufhebung zu beantragen.
Die Klage der Arbeitsgemeinschaft gegen den griechischen Staat auf Schadensersatz
wies das Verwaltungsgericht erster Instanz Athen mit der Begründung ab,
dass die Arbeitsgemeinschaft in ihrer neuen Zusammensetzung, in der sie die
Klage erhoben habe, nicht zur Forderung von Schadensersatz berechtigt sei.
Gegen das Urteil legte die Arbeitsgemeinschaft beim Verwaltungsgericht zweiter
Instanz Athen Berufung ein. Sie meint, die angewendeten griechischen Vorschriften
verstießen gegen Gemeinschaftsrecht. Deshalb fragt das griechische Gericht
den Gerichtshof der EG nach der Auslegung der Gemeinschaftsrichtlinie zur Koordinierung
der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge und der Gemeinschaftsrichtlinie
zur Koordinierung der Vorschriften über Nachprüfungsverfahren.
Generalanwältin Stix-Hackl trägt heute ihre Schlussanträge
vor.
Die Ansicht des Generalanwalts ist für den Gerichtshof nicht bindend. Seine Aufgabe ist es, dem Gerichtshof in völliger Unabhängigkeit eine rechtliche Lösung für die Rechtssachen vorzuschlagen, mit denen er befasst ist. |
Die Gemeinschaftsrichtlinie über die Vergabe öffentlicher Bauaufträge
sei dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehe,
die die Änderung der Zusammensetzung einer Arbeitsgemeinschaft nach Abgabe
eines Angebotes verbiete.
Die Gemeinschaftsrichtlinie bezwecke lediglich die Koordinierung der einzelstaatlichen
Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge und sehe somit keine
umfassende Gemeinschaftsregelung in diesem Bereich vor. Sie selbst regele die
Änderung in der Zusammensetzung einer Arbeitsgemeinschaft nicht ausdrücklich.
So komme das nationale Recht zur Anwendung, das jedoch die sich aus dem Gemeinschaftsrecht,
insbesondere aus dem EG- Vertrag, ergebenden Grenzen beachten müsse. Im
vorliegenden Fall sei aber kein Verstoß ersichtlich.
Die Gemeinschaftsrichtlinie über die Nachprüfungsverfahren ist
nach Ansicht der Generalanwältin auf Entscheidungen über die Änderung
der Zusammensetzung einer Arbeitsgemeinschaft wie die des Ausgangsverfahrens
nicht anwendbar.
Die Gemeinschaftsrichtlinie gelte ausdrücklich nur für Verstöße gegen das .Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen. Da es hier an gemeinschaftsrechtlichen Regelungen über die Änderung der Zusammensetzung einer Arbeitsgemeinschaft überhaupt fehle, könne es logischerweise auch keine Verstöße gegen solche gemeinschaftsrechtlichen Regelungen oder ihre Umsetzung geben.
Hinweis: Die Richter des Gerichtshofes der EG beginnen nun ihre Beratung
in dieser Rechtssache. Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt verkündet.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet. Dieses Dokument liegt in deutscher und griechischer Sprache vor. Wegen des vollständigen Wortlauts der Schlussanträge konsultieren
Sie bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr unsere Homepage im Internet
www.curia.eu.int Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle
Phalippou, |