Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG N. 73/02


17. September 2002

Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-513/99

Concordia Bus Finland Oy Ab/Helsingin kaupunki / HKL-Bussiliikenne


EINE GEMEINDE, DIE EINE AUSSCHREIBUNG FÜR DEN BETRIEB EINES STÄDTISCHEN BUSVERKEHRSDIENSTES VERANSTALTET, IST BERECHTIGT, ÖKOLOGISCHE ERWÄGUNGEN IN BEZUG AUF DEN ANGEBOTENEN FUHRPARK ZU BERÜCKSICHTIGEN

Der Gleichbehandlungsgrundsatz steht der Berücksichtigung von Umweltschutzkriterien nicht allein deshalb entgegen, weil nur eine beschränkte Zahl von Unternehmen diese Kriterien erfüllen können.


Der Stadtrat von Helsinki beschloss am 27. August 1997, den gesamten innerstädtischen Busverkehr öffentlich auszuschreiben. Mit Schreiben vom 1. September 1997 forderte das Beschaffungsamt der Stadt zur Abgabe von Angeboten für den Betrieb des innerstädtischen Busverkehrs auf. Nach dieser Ausschreibung sollte das Unternehmen den Zuschlag erhalten, das für die Stadt das gesamtwirtschaftlich günstigste Angebot machen würde, wobei drei Kategorien von Kriterien berücksichtigt werden, nämlich der für den Betrieb geforderte Gesamtpreis, die Qualität des Fuhrparks (Busse) und das Qualitäts- und Umweltkonzept des Verkehrsunternehmers.

Der Wirtschaftsausschuss wählte am 12. Februar 1998 die HKL-Bussiliikenne (HKL) aus, da diese insgesamt die größte Punktzahl erzielt hatte. Eine andere Gesellschaft, Concordia Bus Finland Oy Ab (Concordia), wurde auf den zweiten Platz gesetzt und erhob Nichtigkeitsklage vor dem Kilpailuneuvosto (Wettbewerbsrat), wobei sie u. a. geltend machte, dass die Vergabe von Zusatzpunkten für einen Fuhrpark, dessen Stickstoffemissionen und dessen Lärmpegel gewisse Grenzwerte unterschritten, unangemessen und diskriminierend sei. Es seien Zusatzpunkte für den Einsatz einer Art von Autobussen gewährt worden, die tatsächlich nur die HKL habe anbieten können.

Der Wettbewerbsrat erkannte dem Auftraggeber das Recht zu, zu bestimmen, welchen Fuhrpark er einsetzen wolle, und stellte darüber hinaus fest, dass alle Wettbewerber die Möglichkeit gehabt hätten, erdgasbetriebene Busse zu erwerben. Er gelangte daher zu dem Ergebnis, dass nicht nachgewiesen worden sei, dass die Concordia durch dieses Kriterium diskriminiert worden sei.

Die Concordia legte beim obersten Verwaltungsgericht, dem Korkein hallinto-oikeus, ein Rechtsmittel mit dem Antrag ein, diese Entscheidung des Wettbewerbsrats für nichtig zu erklären; das angerufene Gericht hat beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.


Die wichtigste dieser Fragen geht dahin, ob das Gemeinschaftsrecht dahin auszulegen ist, dass eine Gemeinde, die eine Ausschreibung für einen städtischen Busverkehrsdienst veranstaltet, beim Vergleich der Angebote das Umwelt- und Qualitätskonzept der Betreiber mitberücksichtigen darf.

In diesem Zusammenhang ist der Gerichtshof der Auffassung, dass der Auftraggeber, wenn er beschließt, einen Auftrag an den Bieter zu vergeben, der das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hat, Umweltschutzkriterien berücksichtigen darf, sofern diese Kriterien
-    mit dem Gegenstand des Auftrags zusammenhängen,
-    dem Auftraggeber keine unbeschränkte Entscheidungsfreiheit einräumen,
-    ausdrücklich im Leistungsverzeichnis oder in der Bekanntmachung des Auftrags genannt sind und
-    bei ihnen alle wesentlichen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, insbesondere das Diskriminierungsverbot, beachtet werden.

Der Gerichtshof ist außerdem der Ansicht, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz der Berücksichtigung von Umweltschutzkriterien nicht allein deshalb entgegensteht, weil das ausgewählte Verkehrsunternehmen zu den wenigen Unternehmen zählt, die in der Lage sind, einen Fuhrpark anzubieten, der diesen Kriterien entspricht.


Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument,
das den Gerichtshof nicht bindet.

Dieses Dokument ist in deutscher, englischer, finnischer, französischer und schwedischer Sprache verfügbar.

Wegen des vollständigen Wortlauts des Urteils konsultieren Sie bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr unsere Homepage im Internet www.curia.eu.int 

Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle Phalippou,
Tel.: (0 03 52) 43 03 - 32 55; Fax: (0 03 52) 43 03 - 27 34.