PRESSEMITTEILUNG N. 80/02
Métropole télévision SA (M6), Antena 3 de Televisión
SA, Gestevisión Telecinco SA und SIC - Sociedade Independente de Comunicação
SA / Kommission der Europäischen Gemeinschaften
DIE REGELN ÜBER DEN ERWERB VON FERNSEHRECHTEN FÜR SPORTLICHE
VERANSTALTUNGEN IM RAHMEN DER EUROVISION DURCH DRITTE FÜHREN ZU WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN,
DIE GEGEN DEN EG-VERTRAG VERSTOSSEN
Die Kommission hat zu Unrecht festgestellt, dass die Unterlizenzregelung
der EBU sogar in einem auf große internationale sportliche Ereignisse
beschränkten Markt den Zugang Dritter, die in Wettbewerb mit Mitgliedern
der EBU stehen, zu den Eurovisionsrechten garantiert.
Das Gericht erster Instanz der EG bestätigt den Standpunkt der Klägerinnen:
Die Unterlizenzregelung garantiere den Konkurrenten der Mitglieder der EBU keinen
ausreichenden Zugang zu den Rechten für die Übertragung sportlicher
Ereignisse, über die Letztere aufgrund ihrer Beteiligung an dieser Einkaufsgemeinschaft
verfügten. Folglich sei die Freistellung der Regelung für nichtig
zu erklären.
Das Gericht untersucht zunächst die Struktur der betreffenden Märkte
und die Wettbewerbsbeschränkungen, zu denen das Eurovisionssystem führt.
Aufgrund dieser ersten Prüfung ergebe sich, dass ein vorgelagerter Markt,
der des Erwerbs der Fernsehrechte, und ein nachgelagerter Markt, der der Fernsehübertragung
sportlicher Ereignisse, bestünden und dass die Fernsehrechte für
sportliche Ereignisse für ein bestimmtes Gebiet, gewöhnlich ein Land,
auf Ausschließlichkeitsbasis gewährt würden. Diese Ausschließlichkeit
gelte als unverzichtbar, um den Wert eines Sportprogramms, der sich in Einschaltquoten
und möglichen Werbeeinnahmen ausdrücke, zu verbürgen.
Die Untersuchung der Wirkungen des Eurovisionssystems auf den Wettbewerb habe
zwei Arten von Beschränkungen zutage gebracht:
- Zum einen beschränkten der gemeinsame Erwerb der
Fernsehrechte für sportliche Ereignisse, deren Nutzung und der Austausch
des Signals den Wettbewerb zwischen den Mitgliedern der EBU, die sowohl auf
dem vorgelagerten als auch auf dem nachgelagerten Markt in Wettbewerb stünden.
- Zum anderen führe dieses System zu Wettbewerbsbeschränkungen
gegenüber Dritten, weil diese Rechte im Allgemeinen als Exklusivrechte
verkauft würden, was ein erschwerender Umstand für die Nichtmitglieder
sei, denen dadurch der Zugang verwehrt werde.
Auch wenn der Erwerb der Rechte für die Fernsehübertragung eines
Ereignisses für sich genommen keine gegen die Vertragsbestimmungen verstoßende
Wettbewerbsbeschränkung darstelle und durch die Besonderheiten des Produkts
und des betreffenden Marktes gerechtfertigt sein könne, könne die
Ausübung dieser Rechte aufgrund besonderer rechtlicher oder wirtschaftlicher
Begleitumstände dennoch zu einer solchen Beschränkung führen.
Würden die genannten Fernsehsender am Zugang zu diesen Programmen gehindert,
würde ihnen die Chance von Gewinnen vorenthalten; zudem zeige sich, dass
das Eurovisionssystem zu den ausschließlichsten Systemen gehöre, da
gleiche Rechte, die von einer anderen Multimediaagentur erworben würden,
Gegenstand von Verhandlungen zwischen den Wirtschaftsteilnehmern auf ihren jeweiligen
Märkten seien.
Das Gericht erster Instanz der EG hat daraufhin geprüft, ob die Regelung über den Zugang Dritter zum Eurovisionssystem einen Ausgleich der Wettbewerbsbeschränkungen gegenüber diesen Dritten zulässt und damit eine Ausschaltung des Wettbewerbs Dritter verhindert. Dabei seien zwei Fälle zu unterscheiden: die Direktübertragungen und die Aufzeichnungen. Wenn auch
vertretbar erscheine, dass die Mitglieder der EBU sich die erste Kategorie vorbehielten,
könne jedenfalls nichts rechtfertigen, dass sie dieses Recht auch dann
auf alle Wettbewerbe ein und desselben Ereignisses ausdehnten, wenn sie nicht
die Absicht hätten, alle diese Wettbewerbe direkt auszustrahlen. Die Möglichkeit,
Ereignisse aufzuzeichnen oder zusammenzufassen, sei in mehrfacher Hinsicht
eingeschränkt, insbesondere durch das Zeitembargo und die redaktionelle
Behandlung der Programme.
Somit ergebe sich, dass sowohl die Bestimmungen als auch die Durchführung
dieser Regelung die Konkurrenten der Mitglieder der EBU - bis auf wenige Ausnahmen
- nicht in die Lage versetzten, Unterlizenzen für die nicht verwerteten
Eurovisionsrechte für Direktübertragungen zu erwerben; in Wirklichkeit
böten sie nur unter sehr engen Bedingungen die Möglichkeit, Zusammenfassungen
von Wettbewerben auszustrahlen. Die Kommission habe somit mit der Feststellung,
dass die Unterlizenzregelung freigestellt werden könne, einen offenkundigen
Beurteilungsfehler begangen.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das das Gericht erster Instanz nicht bindet. Dieses Dokument liegt in deutscher, englischer, französischer,
italienischer, portugiesischer und spanischer Sprache vor. Wegen des vollständigen Wortlauts des Urteils konsultieren Sie
bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr unsere Homepage im Internet
www.curia.eu.int Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle
Phalippou |
1 - Vgl. Urteil in den Rechtssachen T-528/93, T-542/93, T-543/93 und T-546/93, Métropole télévision u. a./Kommission.