PRESSEMITTEILUNG N. 87/02
DAS GERICHT ERKLÄRT DIE ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION, MIT DER DIESE
DEN ZUSAMMENSCHLUSS ZWISCHEN TETRA LAVAL UND SIDEL UNTERSAGT HAT, UND DIE
ENTSCHEIDUNG, MIT DER ALS FOLGE DAVON IHRE TRENNUNG ANGEORDNET WORDEN IST,
FÜR NICHTIG.
Die wirtschaftliche Analyse der unmittelbaren wettbewerbsschädigenden
Folgen und der Konglomeratwirkungen sowie die Prognose über das Verhalten
der betreffenden Unternehmen beruhen auf unzureichenden Beweisen und einer
Reihe offensichtlicher Begründungsfehler.
Dagegen wird das Vorbringen von Tetra Laval zurückgewiesen, soweit
eine Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht gerügt wird.
Der Zusammenschluss betrifft den industriellen Sektor der Verpackungen für
Flüssiglebensmittel. Er könnte der Kommission zufolge schädliche
Auswirkungen auf den Wettbewerb auf mehreren Märkten haben: dem für
bestimmte PET-Verpackungsmaschinen, auf dem Sidel eine führende
Stellung habe, dem für Maschinen zur Herstellung von aseptischen Kartonverpackungen
und für aseptische Kartonverpackungen, auf dem Tetra Laval eine
beherrschende Stellung habe, sowie dem für HDPE (ein Kunststoff
auf der Basis von hochverdichtetem Polyäthylen) und Maschinen, die Verpackungen
aus diesem Material herstellen.
In dem Urteil, mit dem die erste Entscheidung für nichtig erklärt
wird, stellt das Gericht fest, entgegen dem Vorbringen von Tetra Laval habe
die Kommission das Recht auf Akteneinsicht nicht verletzt.
In der Sache dagegen gibt das Gericht den Anträgen von Tetra Laval statt.
Das Gericht führt zunächst aus, die Kommission habe die wettbewerbsschädigenden
Folgen eines Zusammenschlusses auf den von ihr bezeichneten Märkten überschätzt,
soweit sie ihr Verbot zumindest teilweise mit horizontalen (die Kontrolle
der PET-Anlagen durch die fusionierte Einheit) und vertikalen (Gefahr
der Bildung einer integrierten vertikalen Struktur) Wirkungen rechtfertige,
die sich unmittelbar aus dem Zusammenschluss ergäben.
Das Gericht äußert sich sodann zur Analyse der Konglomeratwirkungen,
d. h. zu den Wirkungen aufgrund des Zusammenschlusses von Unternehmen,
die im wesentlichen auf verschiedenen Märkten (Karton und PET) tätig
sind und nicht in unmittelbarem Wettbewerb miteinander stehen.
Zur Begründung des von ihr beschlossenen Verbots macht die Kommission
im Wesentlichen geltend, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass
der Zusammenschluss in Zukunft wettbewerbsschädigende Folgen haben werde.
Die Gründe hierfür seien die Hebelwirkung, die Ausschaltung
des potenziellen Wettbewerbs und die Verstärkung der wettbewerblichen Stellung
der neu geschaffenen Einheit.
Hierzu führt das Gericht aus, dass die Prüfung der Konglomeratwirkungen,
die durch eine neue Struktur ausgelöst würden, bei der Beurteilung
der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses durch die Kommission zulässig
sei. Es teilt aber nicht die Schlussfolgerungen, zu denen die Kommission
in dieser Rechtssache gelangt.
Was die Hebelwirkung betreffe, so gehe die Kommission davon aus, dass sich
die gegenwärtigen Überschneidungen der betreffenden Märkte über
kurz oder lang bestätigen würden, so dass Tetra Laval unter Ausnutzung
ihrer beherrschenden Stellung auf dem Kartonmarkt wahrscheinlich einige ihrer
jetzigen Kunden dazu veranlassen werde, soweit sie es wünschten, auf die
Verpackung ihrer Waren in PET durch von Sidel hergestellte Anlagen umzusteigen.
Das Gericht stellt fest, dass grundsätzlich die Durchführung des
Zusammenschlusses eine solche Hebelwirkung ermöglichen könnte. Die
Kommission habe aber nicht nachgewiesen, dass die neue Einheit das Bedürfnis
haben werde, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.
Das Gericht führt u. a. aus, die Prognosen der Kommission, wonach
mit einem starken Wachstum des PET-Marktes zu rechnen sei, träfen nicht
zu, und zwar schon deshalb nicht, weil das Segment der flüssigen Molkereierzeugnisse
(FME) sie entkräfte und weil die Analysen in Bezug auf Fruchtsäfte
zu unvollständig seien, um die Behauptung zu belegen, dass die gegenwärtigen
Glasbehältnisse durch andere Verpackungen ersetzt würden, die eher
aus PET als aus Karton oder HDPE bestünden. Auch hinsichtlich der Prüfung
der Formen, in denen von der Hebelwirkung Gebrauch gemacht werden könnte
und die der neuen Einheit von den Märkten für aseptischen Karton aus
bis zum Jahr 2005 eine beherrschende Stellung auf den verschiedenen Märkten
für PET-Anlagen verschaffen würden, sei das Vorbringen der Kommission
nicht überzeugend. In Bezug auf die so genannten Streckblasmaschinen1
hoher Kapazität, bei denen Sidel besonders führend sei, weise die
Entscheidung verschiedene Analysemängel (insbesondere bei Bier und Säften)
und Begründungsfehler hinsichtlich der Ausgrenzung der Wettbewerber und
der Zwischenverbraucher (Verarbeiter) auf.
Zur Ausschaltung des potenziellen Wettbewerbs auf den Märkten für
aseptischen Karton durch die auf den Märkten für PET-Anlagen tätigen
Unternehmen stellt das Gericht fest, dass es für die Schlussfolgerung der
Kommission, wonach die beherrschende Stellung von Tetra Laval verstärkt
werde, keine ausreichenden Beweise gebe.
Was die Rechtssache T-80/02 angeht, die sich auf die zweite Entscheidung
der Kommission bezieht, mit der diese die Trennung von Tetra Laval und Sidel
angeordnet hat und deren Rechtsgrundlage die Entscheidung über das Verbot
des Zusammenschlusses ist, so führt die Nichtigerklärung der zuletzt
genannten Entscheidung folgerichtig zur Nichtigerklärung der zweiten Entscheidung,
die keine Grundlage mehr hat.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das das Gericht erster Instanz nicht bindet. Dieses Dokument liegt in deutscher, englischer, französischer
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bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr unsere Homepage im Internet
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1 - Bei der Herstellung von PET-Flaschen verwendete Maschinen zum Strecken, Blasen und Formen.