Die Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH, eine deutsche Gesellschaft mit beschränkter
Haftung, deren Aufgabe die Geltendmachung der wirtschaftlichen Interessen der
Sortenschutzinhaber ist, meint, dass Herr Jäger, ein deutscher Landwirt,
sie darüber zu informieren habe, ob er im Wirtschaftsjahr 1997/98 vom Landwirteprivileg
Gebrauch gemacht habe. Das Oberlandesgericht Düsseldorf legt dem Gerichtshof
verschiedene Fragen zur Vorabentscheidung vor:
i) Welche Landwirte werden von der Auskunftspflicht erfasst
und
ii) kann eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung,
die aus Sortenschutzinhabern besteht, die aus dem Landwirteprivileg abgeleiteten
Rechte im Namen von Sortenschutzinhabern geltend machen, die keine Gesellschafter
sind?
Generalanwalt Ruíz-Jarabo stellt heute seine Schlussanträge.
Die Auffassung des Generalanwalts ist für den Gerichtshof nicht bindend.
Aufgabe der Generalanwälte ist es, dem Gerichtshof in voller Unabhängigkeit
einen Entscheidungsvorschlag für die betreffende Rechtssache zu unterbreiten.
Zu der Frage, welche Landwirte verpflichtet sind, Auskunft zu erteilen
Generalanwalt Ruíz-Jarabo weist ausgehend von den in einer ähnlichen
Rechtssache1 vorgebrachten Argumenten darauf hin, dass die Verordnung
von 1994 die Errichtung eines gemeinschaftlichen Sortenschutzes zum Gegenstand
habe. Daher bezögen sich ihre Bestimmungen, wenn sie den Landwirt erwähnten,
allein auf solche, die in ihren Betrieben geschützte Pflanzensorten verwendeten.
Ebenso lege die Verordnung von 1995 bei der Regelung des Landwirteprivilegs
fest, dass vom Landwirt nur Auskunft verlangt werden könne, nachdem er
bewusst eine geschützte Pflanzensorte gekauft habe, und sie erlege dem
Sortenschutzinhaber beim An- und Verkauf des Saatguts Verpflichtungen auf.
Der Generalanwalt akzeptiert das von der Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH vorgebrachte
Argument hinsichtlich der Unmöglichkeit, dass die Sortenschutzinhaber in
jedem Fall nachweisen, ob die Landwirte auf ihren Flächen vom Landwirteprivileg
Gebrauch machen. Er ist jedoch der Auffassung, dass die Sortenschutzinhaber
Vorkehrungen treffen könnten, um über die Vermittler und Lieferanten
von Saatgut ständig darüber informiert zu werden, wer Vermehrungsmaterial
erwirbt. Auf diese Weise könnten sie ihre Auskunftsersuchen mit größerem
Erfolg stellen.
Aus alldem leitet Generalanwalt Ruíz-Jarabo ab, dass nicht verlangt
werden könne, dass alle Landwirte der Gemeinschaft für jede einzelne
der zahlreichen eingetragenen Pflanzensorten erklären müssten, ob
sie das Ernteerzeugnis verwendet hätten.
Zu der Frage, ob eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung die aus
dem Landwirteprivileg abgeleiteten Rechte im Namen von Inhabern geltend machen
kann, die keine Gesellschafter sind
Generalanwalt Ruíz-Jarabo ist der Auffassung, dass der Begriff Organisation
von Sortenschutzinhabern in der Verordnung von 1995 so weit sei, dass
man sagen könnte, der Gemeinschaftsgesetzgeber habe die Gesamtheit der
verbandsmäßigen Gebilde, die in den Mitgliedstaaten existierten, einbeziehen
wollen, wenn und soweit sie alle Bedingungen der Bestimmung erfüllten.
Nach Auffassung des Generalanwalts müssen die Mitglieder dieser Organisationen
Sortenschutzinhaber sein und können nur durch sie vertreten werden, wenn
sie sie schriftlich dazu bevollmächtigt haben. Außerdem könne
die Organisation, wenn sie die Form einer Gesellschaft mit beschränkter
Haftung einnehme, nur im Namen ihrer Gesellschafter handeln. Er weist daher
für eine Person, die nicht Gesellschafter ist, die Möglichkeit zurück,
eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, in diesem Fall die Saatgut-Treuhandverwaltungs
GmbH, gegen Entgelt damit zu beauftragen, die Rechte hinsichtlich des Landwirteprivilegs
geltend zu machen.
Hinweis: Die Richter des Gerichtshofes der EG
beginnen nun ihre Beratung in dieser Rechtssache. Das Urteil wird zu einem späteren
Zeitpunkt verkündet.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet. Dieses Dokument ist in Deutsch, Spanisch und Italienisch verfügbar. Wegen des vollständigen Wortlauts der Schlussanträge konsultieren
Sie bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr Mit Fragen wenden Sie sich bitte an Herrn Konstantin Schmidt, |
1 - Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Ruíz-Jarabo vom 21. März 2002 in der Rechtssache C-305/00 (Schulin, Pressemitteilung Nr. 31/02). Beide Dokumente können auf der Webseite des Gerichtshofes (www.curia.eu.int ) eingesehen werden.