Abteilung Presse und Information


PRESSEMITTEILUNG N. 92/02

14. November 2002

Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-435/00

Geha Naftiliaki EPE U. A. / NPDD Limeniko Tameio Dodekanisou und Elliniko Dimosio

DER SEEVERKEHR ZWISCHEN RHODOS UND DER TÜRKEI DARF KEINEN STRENGEREN BEDINGUNGEN UNTERWORFEN WERDEN ALS DER SEEVERKEHR ZWISCHEN RHODOS UND DEN ANDEREN GRIECHISCHEN HÄFEN ODER DEN HÄFEN ANDERER MITGLIEDSTAATEN

Eine Differenzierung muss durch die objektiven Besonderheiten der Kosten der Hafendienstleistungen oder der Behandlung der Passagiere gerechtfertigt sein

Die Geha Naftiliaki EPE, die Total Scope NE und die aus den Gebrüdern Charalampis u. a. bestehende Schiffseigentümergemeinschaft sind Reeder, die mit ihren drei Schiffen Fahrten vom Hafen Rhodos in die Türkei durchführen und die Rückkehr am selben Tag anbieten. Im Juni 1996 beförderten sie 4 067 Tagespassagiere und 3 703 Transitpassagiere.

Im August 1996 stellte die Hafenkasse des Dodekanes eine Nichtzahlung von Hafenabgaben durch die genannten Reeder fest und das Verwaltungsgericht Rhodos wurde mit der Frage befasst.


Nach griechischem Recht sind Hafenabgaben zugunsten des staatlichen Trägers vorgeschrieben, der den Hafen betreibt; diese Abgaben werden von den Schiffsreisebüros zu Lasten aller Passagiere erhoben, die in einem griechischen Hafen an Bord gehen, und sind je nach dem Bestimmungshafen des Schiffes unterschiedlich. Diese Abgaben bestehen aus einer proportionellen Erhöhung des Preises der Schiffskarte oder aus einem Festbetrag. Sie sind unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Passagiere oder der von den Schiffen geführten Flagge. Sie sind höher für Passagiere, deren Ankunftshafen kein griechischer Hafen ist.

Das Verwaltungsgericht Rhodos hat sich an den Gerichtshof der EG mit der Frage gewandt, ob die Gemeinschaftsverordnung von 1986, nach der der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs für den Seeverkehr zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern gilt, Folgendes zulässt:

-    eine Beschränkung der Seeverkehrsdienstleistungen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern durch innerstaatliche Rechtsvorschriften;

-    eine unterschiedliche Höhe der Hafenabgaben für Passagiere mit Bestimmungsort in einem Drittland;

-    eine Berechnung der Hafenabgaben nach der Entfernung oder geographischen Lage des Hafens bei Fahrten zu Häfen von Drittländern.

Die Hafenkasse des Dodekanes hat vorgetragen, mit den Hafenabgaben würden nicht die Seeschifffahrtsgesellschaften, sondern die Reisenden belastet und die Abgaben fielen folglich nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung über Seeverkehrsdienstleistungen. Sie hat geltend gemacht, die Abgaben seien dazu bestimmt, die Ausgaben für die Errichtung und die Unterhaltung von Hafenanlagen sowie die Bereitstellung von Hafendienstleistungen im Allgemeinen zu decken.

Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass die durch die griechischen Rechtsvorschriften festgelegte Erhöhung der Hafenabgaben sich unmittelbar und automatisch auf den Fahrpreis in der Weise auswirkt, dass die Differenzierung bei den von den Passagieren getragenen Abgaben notwendigerweise auf die Kosten der Fahrt überwälzt wird.

Ferner hat die Hafenkasse des Dodekanes nach Ansicht des Gerichtshofes nicht dargetan, dass sich die tatsächlichen Kosten der Fahrten nach den Bestimmungsorten unterscheiden, und zwar in den gleichen Proportionen wie die Hafenabgaben bei Fahrten nach Europa oder nach der Türkei, und dass sie folglich objektiv gerechtfertigt sind, insbesondere dadurch, dass den Passagieren je nach den Fahrten andere Dienstleistungen angeboten werden.

Durch die Verordnung von 1986 ist aber der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr zwischen Mitgliedstaaten angewendet und auf Verbindungen zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland ausgedehnt worden.

Nach diesem Grundsatz steht die Verordnung Hafenabgaben entgegen, bei denen zwischen inländischen und innergemeinschaftlichen Verbindungen und den Verbindungen mit einem Drittland unterschieden wird, ohne dass dies objektiv gerechtfertigt ist.

Tarifliche Differenzierungen je nach dem Bestimmungsort ohne Korrelation mit Unterschieden bei den Kosten der Hafendienstleistungen stellen somit eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar, die nicht objektiv gerechtfertigt ist, und sind damit unvereinbar mit der Verordnung von 1986.

Daraus folgt, dass der Seeverkehr zwischen Rhodos und der Türkei keinen strengeren Bedingungen unterworfen werden darf als der Seeverkehr zwischen Rhodos und den anderen griechischen Häfen oder den Häfen anderer Mitgliedstaaten.




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