Philip Morris, Reynolds und Japan Tobacco gegen Kommission
DAS GERICHT WEIST DIE KLAGEN GEGEN DIE ENTSCHEIDUNGEN DER
KOMMISSION AB, VOR DEN GERICHTEN DER VEREINIGTEN STAATEN
GEGEN ZIGARETTENHERSTELLER VORZUGEHEN
Die Entscheidung der Kommission, ein Gericht anzurufen, ist keine Handlung, die mit einer
Nichtigkeitsklage angefochten werden kann. Nur solche Handlungen, die verbindliche
Rechtswirkungen gegenüber den Beteiligten entfalten und ihre Rechtsstellung ändern, können
Gegenstand einer derartigen Klage sein.
Die Europäische Gemeinschaft, vertreten durch die Kommission, erhob im Rahmen des Kampfes
gegen den Schmuggel von Zigaretten in die Gemeinschaft im November 2000 bei einem
Bundesgericht der Vereinigten Staaten (United States District Court, Eastern District of New
York) eine Zivilklage gegen mehrere Gesellschaften der Konzerne Philip Morris und Reynolds
sowie gegen die Gesellschaft Japan Tobacco.
Die Gemeinschaft machte geltend, dass sich diese Gesellschaften an einem Schmuggelsystem
beteiligten, das dazu diene, Zigaretten in das Gebiet der Gemeinschaft einzuführen und
dort zu vertreiben, und beantragte Ersatz eines Schadens, der hauptsächlich im Verlust von
Zöllen und Mehrwertsteuer bestehe, die bei legaler Einfuhr entrichtet worden wären.
Nachdem die Klage der Gemeinschaft abgewiesen worden war, erhoben die Kommission und
zehn Mitgliedstaaten im August 2001 eine neue, auf andere Rechtsgrundlagen gestützte Klage.
Als auch diese abgewiesen wurde - mit der Begründung, dass die Gerichte der Vereinigten
Staaten keine ausländischen Steuergesetze durchführten -, legte die Kommission Berufung beim
United States Court of Appeals for the Second Circuit ein.
Die Zigarettenhersteller haben beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
beantragt, die Entscheidungen der Kommission über die Erhebung der Klagen beim
amerikanischen Bundesgericht für nichtig zu erklären. Acht Mitgliedstaaten und das
Europäische Parlament sind diesem Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Kommission
beigetreten.
Das Gericht erinnert in seinem Urteil zunächst daran, dass nur solche Maßnahmen, die
verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, welche die Interessen eines Rechtsbürgers durch einequalifizierte Änderung seiner Rechtsstellung beeinträchtigen, Gegenstand einer Nichtigkeitsklage
sein können.
Entfalten die Entscheidungen der Kommission, das Bundesgericht anzurufen, derartige
Rechtswirkungen gegenüber den Zigarettenherstellern?
Das Gericht stellt fest, dass die Entscheidung, eine Klage zu erheben, nicht als solche die streitige
Rechtslage ändert. Nur die Entscheidungen der amerikanischen Gerichte über die von der
Kommission erhobenen Zivilklagen könnten die Verpflichtungen der Parteien endgültig
festlegen. Die Entscheidungen, diese Gerichte anzurufen, könnten daher nicht als anfechtbar
angesehen werden.
Der Grundsatz der Notwendigkeit eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes werde aber
durch die Abweisung der vorliegenden Nichtigkeitsklagen nicht berührt, da den
Zigarettenherstellern nicht der Zugang zum Gemeinschaftsrichter (d. h. Gericht erster Instanz
bzw. Gerichtshof der EG) versagt werde. Denn ein Verhalten, das nicht Gegenstand einer
Nichtigkeitsklage sein könne, könne gleichwohl unter bestimmten Voraussetzungen die
außervertragliche Haftung der Europäischen Gemeinschaft auslösen, und insoweit bestehe noch
die im Vertrag vorgesehene Möglichkeit, vor dem Gemeinschaftsrichter auf Ersatz eines
Schadens zu klagen, der durch ein solches Verhalten entstanden sei.
Mit seinem heute verkündeten Urteil weist das Gericht die Klagen von Philip Morris,
Reynolds und Japan Tobacco als unzulässig ab.
Diese Zigarettenhersteller können somit den Fortgang der Verfahren, die die Gemeinschaft bei
den Gerichten den Vereinigten Staaten angestrengt hat, nicht verhindern. Die Entscheidung
darüber, ob den Klagen der Gemeinschaft stattzugeben ist, liegt bei diesen Gerichten.
Hinweis: Bei den acht Mitgliedstaaten, die dem Verfahren vor dem Gericht erster Instanz als
Streithelfer zur Unterstützung der Kommission beigetreten sind, handelt es sich um Spanien,
Frankreich, Italien, Portugal, Finnland, Deutschland, Griechenland und die Niederlande.
Hinweis: Gegen die Entscheidung des Gerichts erster Instanz kann beim Gerichtshof der
Europäischen Gemeinschaften innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf
Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel eingelegt werden.
Verfügbare Sprachen: Französisch, Englisch und Deutsch
Wegen des vollständigen Wortlauts des Urteils konsultieren Sie bitte heute ab ungefähr
15.00 Uhr unsere Homepage im Internet www.curia.eu.int .
Mit Fragen wenden Sie sich bitte an Herrn Konstantin Schmidt
Filmaufnahmen von der Urteilsverkündung sind verfügbar über "Europe by Satellite", |