Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG N. 02/03

15. Januar 2003


Urteil des Gerichts erster Instanz in den verbundenen Rechtssachen T-377/00, T-379/00, T-380/00, T-260/01 und T-272/01

Philip Morris, Reynolds und Japan Tobacco gegen Kommission

DAS GERICHT WEIST DIE KLAGEN GEGEN DIE ENTSCHEIDUNGEN DER KOMMISSION AB, VOR DEN GERICHTEN DER VEREINIGTEN STAATEN GEGEN ZIGARETTENHERSTELLER VORZUGEHEN

Die Entscheidung der Kommission, ein Gericht anzurufen, ist keine Handlung, die mit einer Nichtigkeitsklage angefochten werden kann. Nur solche Handlungen, die verbindliche Rechtswirkungen gegenüber den Beteiligten entfalten und ihre Rechtsstellung ändern, können Gegenstand einer derartigen Klage sein.


Die Europäische Gemeinschaft, vertreten durch die Kommission, erhob im Rahmen des Kampfes gegen den Schmuggel von Zigaretten in die Gemeinschaft im November 2000 bei einem Bundesgericht der Vereinigten Staaten (United States District Court, Eastern District of New York) eine Zivilklage gegen mehrere Gesellschaften der Konzerne Philip Morris und Reynolds sowie gegen die Gesellschaft Japan Tobacco.

Die Gemeinschaft machte geltend, dass sich diese Gesellschaften an einem Schmuggelsystem beteiligten, das dazu diene, Zigaretten in das Gebiet der Gemeinschaft einzuführen und dort zu vertreiben, und beantragte Ersatz eines Schadens, der hauptsächlich im Verlust von Zöllen und Mehrwertsteuer bestehe, die bei legaler Einfuhr entrichtet worden wären.

Nachdem die Klage der Gemeinschaft abgewiesen worden war, erhoben die Kommission und zehn Mitgliedstaaten im August 2001 eine neue, auf andere Rechtsgrundlagen gestützte Klage. Als auch diese abgewiesen wurde - mit der Begründung, dass die Gerichte der Vereinigten Staaten keine ausländischen Steuergesetze durchführten -, legte die Kommission Berufung beim United States Court of Appeals for the Second Circuit ein.

Die Zigarettenhersteller haben beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften beantragt, die Entscheidungen der Kommission über die Erhebung der Klagen beim amerikanischen Bundesgericht für nichtig zu erklären. Acht Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament sind diesem Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Kommission beigetreten.

Das Gericht erinnert in seinem Urteil zunächst daran, dass nur solche Maßnahmen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, welche die Interessen eines Rechtsbürgers durch einequalifizierte Änderung seiner Rechtsstellung beeinträchtigen, Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein können.

Entfalten die Entscheidungen der Kommission, das Bundesgericht anzurufen, derartige Rechtswirkungen gegenüber den Zigarettenherstellern?

Das Gericht stellt fest, dass die Entscheidung, eine Klage zu erheben, nicht als solche die streitige Rechtslage ändert. Nur die Entscheidungen der amerikanischen Gerichte über die von der Kommission erhobenen Zivilklagen könnten die Verpflichtungen der Parteien endgültig festlegen. Die Entscheidungen, diese Gerichte anzurufen, könnten daher nicht als anfechtbar angesehen werden.

Der Grundsatz der Notwendigkeit eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes werde aber durch die Abweisung der vorliegenden Nichtigkeitsklagen nicht berührt, da den Zigarettenherstellern nicht der Zugang zum Gemeinschaftsrichter (d. h. Gericht erster Instanz bzw. Gerichtshof der EG) versagt werde. Denn ein Verhalten, das nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein könne, könne gleichwohl unter bestimmten Voraussetzungen die außervertragliche Haftung der Europäischen Gemeinschaft auslösen, und insoweit bestehe noch die im Vertrag vorgesehene Möglichkeit, vor dem Gemeinschaftsrichter auf Ersatz eines Schadens zu klagen, der durch ein solches Verhalten entstanden sei.

Mit seinem heute verkündeten Urteil weist das Gericht die Klagen von Philip Morris, Reynolds und Japan Tobacco als unzulässig ab.

Diese Zigarettenhersteller können somit den Fortgang der Verfahren, die die Gemeinschaft bei den Gerichten den Vereinigten Staaten angestrengt hat, nicht verhindern. Die Entscheidung darüber, ob den Klagen der Gemeinschaft stattzugeben ist, liegt bei diesen Gerichten.

Hinweis: Bei den acht Mitgliedstaaten, die dem Verfahren vor dem Gericht erster Instanz als Streithelfer zur Unterstützung der Kommission beigetreten sind, handelt es sich um Spanien, Frankreich, Italien, Portugal, Finnland, Deutschland, Griechenland und die Niederlande.

Hinweis: Gegen die Entscheidung des Gerichts erster Instanz kann beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel eingelegt werden.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das das Gericht erster Instanz nicht bindet.

Verfügbare Sprachen: Französisch, Englisch und Deutsch

Wegen des vollständigen Wortlauts des Urteils konsultieren Sie bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr unsere Homepage im Internet www.curia.eu.int .

Mit Fragen wenden Sie sich bitte an Herrn Konstantin Schmidt
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