Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG N. 03/03

16. Januar 2003

Urteile des Gerichtshofes in den Rechtssachen C-12/00 und C-14/00

Kommission gegen Spanien und Italien

SPANIEN UND ITALIEN WERDEN VERURTEILT, WEIL SIE DIE VERMARKTUNG VON ERZEUGNISSEN, DIE ANDERE PFLANZLICHE FETTE ALS KAKAOBUTTER ENTHALTEN, UNTER DER BEZEICHNUNG .SCHOKOLADE“ VERBIETEN

Das Erzeugnis ändert sich durch den Zusatz dieser Fette nicht wesentlich; eine entsprechende Angabe auf dem Etikett reicht aus, um eine korrekte Information der Verbraucher zu gewährleisten


In Dänemark, Irland, Portugal, Schweden, Finnland und im Vereinigten Königreich hergestellte Schokolade weist den in einer Gemeinschaftsrichtlinie von 19731 festgelegten Mindestgehalt an Kakaobutter auf, enthält aber auch andere pflanzliche Fette als Kakaobutter bis zu einem Anteil von 5 % des Gesamtgewichts. Anders als alle anderen Mitgliedstaaten verbieten Spanien und Italien deshalb die Vermarktung dieser Erzeugnisse unter der Bezeichnung .Schokolade“ und verlangen, dass sie als .Schokoladeersatz“ bezeichnet werden.

Die Kommission macht geltend, dass die Herstellung und Vermarktung von Schokoladeerzeugnissen, die andere pflanzliche Fette als Kakaobutter enthielten, nach der Richtlinie von 1973 zulässig sei. Dass diese Produkte in Spanien und Italien als .Schokoladeersatz“ vermarktet werden müssten, behindere daher den durch den EG-Vertrag gewährleisteten freien Warenverkehr.

Spanien und Italien sind hingegen der Ansicht, dass die Richtlinie von 1973 die Frage, welche Produkte unter der Bezeichnung .Schokolade“ verkauft werden dürften, endgültig geregelt habe und dass die Erzeugnisse, die solche pflanzlichen Fette enthielten, nicht dazu gehörten. Die spanische und die italienische Regelung seien aus Gründen des Verbraucherschutzes gerechtfertigt.

Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass mit der Richtlinie von 1973 gemeinsame Regeln festgelegt werden sollten, um den freien Warenverkehr mit Schokoladeerzeugnissen in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Hinsichtlich der Verwendung von anderen pflanzlichen Fetten als Kakaobutter in diesen Erzeugnissen habe der Gesetzgeber jedoch lediglich eine vorläufige Regelung geschaffen.

So räume die Richtlinie den Mitgliedstaaten ausdrücklich die Befugnis ein, nationale Regelungen aufrechtzuerhalten, die den Zusatz von anderen pflanzlichen Fetten als Kakaobutter zu in ihrem Gebiet hergestellten Erzeugnissen zuließen oder verböten. Die Mitgliedstaaten dürften aber keine Bedingungen einführen, die dem Grundsatz des freien Warenverkehrs widersprächen.

Nach Auffassung des Gerichtshofes kann der Zwang zur Änderung der Verkehrsbezeichnung der betreffenden Erzeugnisse in .Schokoladeersatz“ die Wirtschaftsteilnehmer mit zusätzlichen Verpackungskosten belasten und jedenfalls die Wahrnehmung dieser Erzeugnisse durch die Verbraucher negativ beeinflussen. Dies führe zu Hemmnissen für den freien Warenverkehr.

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass solche Beschränkungen gleichwohl durch Erfordernisse u. a. des Verbraucherschutzes gerechtfertigt sein könnten, wenn sie unterschiedslos für einheimische wie für eingeführte Erzeugnisse gälten und in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck stünden.

Der Gerichtshof hat bereits zwischen zwei Fällen unterschieden:
-    das Erzeugnis wurde in seiner Zusammensetzung so wesentlich geändert, dass es sich von den unter dieser Bezeichnung bekannten Waren unterscheidet; und
-    das Erzeugnis wurde geringfügig geändert, so dass eine angemessene Etikettierung ausreicht, um dem Verbraucher die erforderlichen Informationen zu geben.

Der Gerichtshof stellt fest, dass die als .Schokolade“ bezeichneten Erzeugnisse nach der Richtlinie von 1973 dadurch gekennzeichnet seien, dass sie bestimmte Mindestgehalte an Kakao und Kakaobutter aufwiesen. Der Zusatz pflanzlicher Fette bewirke keine wesentliche Änderung dieser Erzeugnisse. Folglich reiche eine angemessene Etikettierung, die darüber informiere, dass das Erzeugnis andere pflanzliche Fette als Kakaobutter enthalte, aus, um eine Unterrichtung und damit den Schutz der Verbraucher zu gewährleisten.

Der Gerichtshof ist daher der Ansicht, dass die spanische und die italienische Regelung unverhältnismäßig seien und gegen den Grundsatz des freien Warenverkehrs verstießen.

NB: Die Richtlinie 2000/36, die erst im Juni 2003 in Kraft tritt, enthält Bestimmungen, die den Zusatz von anderen pflanzlichen Fetten als Kakaobutter bis zu einem Anteil von höchstens 5 % erlauben.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmte nichtamtliche Mitteilung,
die den Gerichtshof nicht bindet.

Dieses Dokument liegt in deutscher, französischer, englischer, spanischer und italienischer Sprache vor.

Wegen des vollständigen Wortlauts der Urteile konsultieren Sie bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr unsere Homepage im Internet www.curia.eu.int 

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1 -     Richtlinie 73/241/EWG über zur Ernährung bestimmte Kakao- und Schokoladeerzeugnisse.