DER GERICHTSHOF VERURTEILT ITALIEN, WEIL ES VORZUGSTARIFE FÜR
DEN ZUGANG ZU LOKALEN ODER DEZENTRALEN KULTURELLEN STÄTTEN
ITALIENISCHEN STAATSBÜRGERN ODER PERSONEN VORBEHALTEN HAT,
DIE IM GEBIET DER EINRICHTUNGEN WOHNEN, DIE DIE STÄTTEN
BETREIBEN
Auch wenn die Regelung in die ausschließliche Zuständigkeit der Regionen fällt, bleibt allein
der Staat für die Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen verantwortlich.
Nach Beschwerden über Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnorts
beim Zugang zu italienischen Museen führte die Europäische Kommission Untersuchungen
durch, bei denen sie zu dem Ergebnis gelangte, dass die Regelung über Vorzugstarife, die beim
Eintritt in verschiedene italienische Museen auf über 60 oder 65 Jahre alte Personen anwendbar
ist, tatsächlich Diskriminierungen mit sich bringt.
Entsprechend dem vom EG-Vertrag vorgesehenen so genannten Vertragsverletzungsverfahren
forderte die Kommission Italien schriftlich auf, dem Diskriminierungsverbot nachzukommen.
Daraufhin unterrichtete die italienische Regierung die Kommission von einer unmittelbar
bevorstehenden Änderung ihrer Gesetzgebung, mit der die kostenlose Zugangsberechtigung zu
den italienischen Museen auf alle Unionsbürger von mehr als 60 oder 65 Jahren ausgedehnt
werden solle. Diese Maßnahme war bis dahin allein auf italienische Staatsangehörige oder
bestimmte Gebietsansässige beschränkt.
Diese Änderung betraf lediglich die nationalen Museen, nicht aber die kommunalen Museen und
Denkmäler (darunter die von Florenz, Padua, Treviso und Venedig). Daher hat die Kommission
die vorliegende Klage erhoben.
In seinem Urteil weist der Gerichtshof darauf hin, dass eine nationale Regelung über den
Zugang zu den Museen eines Mitgliedstaats, die eine Diskriminierung allein der
ausländischen Touristen enthält, unzulässig sei. Im Übrigen verbiete die vom Vertrag
vorgesehene Gleichbehandlung alle Diskriminierungsformen, auch die verschleierten, die
durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale zu demselben Ergebnis führten. In der
vorliegenden Rechtssache sehe die italienische Maßnahme eine unterschiedliche Behandlung
aufgrund des Kriteriums des Wohnsitzes vor, das in erster Linie Staatsangehörige anderer
Mitgliedstaaten benachteilige, da die Gebietsfremden in der Regel Ausländer seien.
Italien hat die genannte Diskriminierung nicht bestritten, aber versucht, sich zu rechtfertigen.
Zunächst hat sich der Staat auf Erwägungen des Allgemeininteresses berufen, die sich auf
wirtschaftliche und steuerliche Kriterien beziehen: Zum einen hat er die durch die Verwaltung
der Kulturgüter verursachten Kosten geltend gemacht und sich zum anderen darauf berufen, dass
die genannten Vorteile die Gegenleistung für die Zahlung von Steuern darstellten, mit denen sich
die Gebietsansässigen an der Verwaltung der betreffenden Stätten beteiligten.
Nach Auffassung des Gerichtshofes können erstens rein wirtschaftliche Argumente nicht
anerkannt werden. Zweitens bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen
irgendeiner Besteuerung der in Italien Ansässigen und der Anwendung der Vorzugstarife
für den Zugang zu den fraglichen Museen und Denkmälern.
Im Übrigen hat sich die italienische Regierung darauf berufen, dass die Regelungen, mit denen
die streitigen Tarifvorteile eingeführt worden seien, nicht in ihre Zuständigkeit fielen, sondern
in die der lokalen Einrichtungen.
Die Gemeinschaftsrichter erkennen diese Rechtfertigung nicht an. Gegenüber der
Gemeinschaft sei nämlich allein der Mitgliedstaat für die Beachtung der
gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen verantwortlich.
Dementsprechend stellt der Gerichtshof fest, dass Italien gegen die gemeinschaftsrechtlichen
Grundsätze des freien Dienstleistungsverkehrs und der Nichtdiskriminierung verstoßen
hat, indem es einer bestimmten Gruppe von Personen (italienische Staatsangehörige oder
Personen von mehr als 60 oder 65 Jahren, die im Gebiet der Einrichtungen wohnen, die die
fraglichen Tätigkeiten betreiben) diskriminierende Tarifvorteile für den Zugang zu kulturellen
Stätten vorbehalten hat.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet. Dieses Dokument ist in Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch verfügbar.
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