Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG N1 05/03

23. Januar 2003

Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-57/01

Makedoniko Metro / Elliniko Dimosio

IM RAHMEN DER VERGABE ÖFFENTLICHER BAUAUFTRÄGE KANN EIN NATIONALES GESETZ ES UNTERSAGEN, DIE ZUSAMMENSETZUNG EINER BIETERGEMEINSCHAFT NACH ABGABE DER ANGEBOTE ZU ÄNDERN

Der ausgeschlossenen Bietergemeinschaft müssen die im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Möglichkeiten einer wirksamen und raschen Nachprüfung bleiben.




Der griechische Staat führte eine internationale Ausschreibung für die Planung, die Errichtung, die Eigenfinanzierung und den Betrieb einer Untergrundbahn für Saloniki mit auf 65 000 000 000 GRD veranschlagten Kosten durch. Der Auftrag sollte in Form eines nicht offenen Verfahrens vergeben werden.

Am Ende der Phase, in der die Vorauswahl der Bewerber stattfand, wurden acht Bietergemeinschaften, darunter Makedoniko Metro und die Bietergemeinschaft Thessaloniki Metro, zur Abgabe eines Angebots zugelassen.

Aus den Bekanntmachungen des Auftrags ging hervor, dass sich eine vorausgewählte Bietergemeinschaft in der Phase der Abgabe der Angebote um neue Mitglieder erweitern konnte, jedoch nur bis zu dem Zeitpunkt, der für die Vorlage der Angebote der Bewerber festgesetzt war.

Mitglieder von Makedoniko Metro waren zum Zeitpunkt der Vorauswahl die Gesellschaften Michaniki, Edi-Stra-Edilizia Stradale SpA, Fidel SpA und Teknocenter-Centro Servizi Administrativi Srl. In der zweiten Phase des Verfahrens (Abgabe der Angebote) schloss sich die AEG Westinghouse Transport Systems GmbH der Bietergemeinschaft Makedoniko Metro an, bevor diese als vorläufige Zuschlagsempfängerin bestimmt wurde.

Die Zusammensetzung von Makedoniko Metro änderte sich auch in der Folge (u. a. waren nun auch deutsche und belgische Gesellschaften beteiligt).

Da die Positionen von Makedoniko Metro wesentlich von den Vorschriften der Ausschreibungsunterlagen abwichen, erklärte der Minister für Umwelt, Raumordnung und öffentliche Arbeiten die Verhandlungen zwischen dem griechischen Staat und Makedoniko Metro für beendet und lud die Mitbewerberin Thessaloniki Metro zu Verhandlungen ein.

Das Verwaltungsgericht zweiter Instanz Athen, bei dem Makedoniko Metro finanziellen Ausgleich der durch die Entscheidung der Verwaltung erlittenen Schäden beantragt hatte, hat den Gerichtshof der EG im Wege des Vorabentscheidungsersuchens angerufen.

Die Hauptfrage geht dahin, ob die Richtlinie von 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge zulässt, dass eine nationale Regelung es untersagt, die Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft, die an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags teilnimmt, nach Abgabe der Angebote zu ändern.

Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass die betreffende Richtlinie keine besondere Bestimmung über die Zusammensetzung derartiger Bietergemeinschaften enthält. Die Regelung der Zusammensetzung falle deshalb in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten; folglich stehe die Richtlinie einer nationalen Regelung, die es untersage, die Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft nach Abgabe der Angebote zu ändern, nicht entgegen.

Ferner möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob eine andere, 1989 erlassene Richtlinie zur Koordinierung der Vorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Bauaufträge einer solchen Bietergemeinschaft Rechte auf Nachprüfung eröffnet und, wenn ja, inwieweit.

Diese Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass Entscheidungen der Vergabebehörden, die im Rahmen von Verfahren zur Vergabe von Aufträgen getroffen wurden, wirksam und möglichst rasch nachgeprüft werden können und dass das Nachprüfungsverfahren zumindest jedem zur Verfügung steht, der ein Interesse an einem bestimmten öffentlichen Liefer oder Bauauftrag hat oder hatte und dem durch einen behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist oder entstehen kann.

Der Gerichtshof hat geantwortet, dass nach den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere dem Grundsatz der Gleichbehandlung, einer Bietergemeinschaft die in der Gemeinschaftsregelung und somit hier in der Richtlinie von 1989 vorgesehenen Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen müssen, soweit eine Entscheidung einer Vergabebehörde die Rechte verletzt, die ihr nach dem Gemeinschaftsrecht zustehen.

In dem dem Gerichtshof unterbreiteten Fall hat das vorlegende Gericht zu prüfen, ob Makedoniko Metro auch in ihrer neuen Zusammensetzung ein Interesse an dem fraglichen Auftrag hat oder hatte und ob ihr durch die Entscheidung des Ministers ein Schaden entstanden ist.



Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet.
Verfügbare Sprachen: Französisch, Deutsch, Englisch, Italienisch und Griechisch.
Wegen des vollständigen Wortlauts des Urteils konsultieren Sie bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr unsere Homepage im Internet www.curia.eu.int 

Mit Fragen wenden Sie sich bitte an Herrn Konstantin Schmidt,
Tel.: (0 03 52) 43 03-32 55; Fax: (0 03 52) 43 03-27 34.

Filmaufnahmen von der Urteilsverkündung sind verfügbar über "Europe by Satellite",
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Presse- und Informationsdienst,
L2920 Luxemburg,
Tel.: (0 03 52) 43 01-3 51 77; Fax: (0 03 52) 43 01-3 52 49,
oder B-1049 Brüssel,
Tel. (00 32) 2-2 96 41 06; Fax: (00 32) 2-2 96 59 56 oder (00 32) 2-2 30 12 80