Abteilung Presse und Information
PRESSEMITTEILUNG N1 103/03
20. November 2003
Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-356/01
Republik Österreich / Kommission der Europäischen Gemeinschaften
DIE KLAGE ÖSTERREICHS WEGEN DER VERTEILUNG DER ÖKOPUNKTE FÜR DAS JAHR 2001 WIRD
ABGEWIESEN
Das Deklarationsprinzip, wonach eine Fahrt allein aufgrund der Einstellung des Umweltdatenträgers bei der
Einfahrt des Lastkraftwagens nach Österreich als Transitfahrt gelten soll, findet in den gemeinschaftsrechtlichen
Bestimmungen keinerlei Grundlage
Zwischen dem 1. Januar 1992 und dem 31. Dezember 2003 muss die NOx-Gesamtemission
von Lastkraftwagen auf der Durchfahrt durch Österreich schrittweise um 60 % reduziert werden.
Demzufolge legt das Protokoll für jedes Jahr dieses Zeitraums eine abnehmende Zahl von
Ökopunkten fest. Übersteigt die Zahl der Fahrten in einem Jahr den Referenzwert von
1991 um mehr als 8 %, hat die Kommission Maßnahmen zu treffen, die
im folgenden Jahr anzuwenden sind und in einer Verringerung der Zahl der Ökopunkte
und dementsprechend der Zahl der Transitfahrten bestehen.
1996 führte die Kommission ein elektronisches Kontrollsystem ein, bei dem ein als "Umweltdatenträger"
bezeichnetes, im Kraftfahrzeug eingebautes Gerät verwendet wird, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte
ermöglicht; die technischen Spezifikationen dafür werden in einer Verordnung von 1994 festgelegt. Dieses
System wird mit einer von den österreichischen Behörden zur Verfügung gestellten und unterhaltenen
Infrastruktur betrieben.
Bei Fahrzeugen, die im so genannten "bilateralen" Verkehr eingesetzt werden, muss der Umweltdatenträger
vor der Einfahrt in österreichisches Hoheitsgebiet so eingestellt werden, dass ersichtlich wird, dass
keine Transitfahrt durchgeführt wird. Fahrten im bilateralen Verkehr sind grenzüberschreitende Fahrten eines Fahrzeugs,
bei denen sich der Ausgangspunkt in Österreich und der Zielpunkt in einem anderen
Mitgliedstaat befindet und umgekehrt.
Im April 2001 übermittelte Österreich der Kommission seine Statistik für das Jahr 2000
und wies auf eine Überschreitung der Zahl der Fahrten hin. Andere Mitgliedstaaten äußerten
Zweifel hinsichtlich der angegebenen Zahl von Fahrten und führten aus, dass es sich
nicht um tatsächlich durchgeführte Fahrten handle.
Schließlich entschied die Kommission im Juli 2001, die 108 %-Klausel für das Jahr
2001 nicht anzuwenden und die für dieses Jahr verbliebenen Ökopunkte ungekürzt zu verteilen.
Österreich hat gegen die Kommission Klage erhoben.
Österreich meint, es müsse nicht beweisen, dass eine Fahrt tatsächlich eine Transitfahrt gewesen
und nicht nur fälschlicherweise als solche deklariert worden sei. Folglich habe es aufgrund
des Deklarationsprinzips als Transitfahrten 147 202 von den anderen Mitgliedstaaten nicht als solche anerkannte
Fahrten in seine Statistik aufnehmen müssen. Darin sind 92 816 Fahrten, für die keine
Ausreiseinformation vorliegt, und 54 386 Fahrten mit Ein- und Ausfahrt über diesselbe Grenzstation enthalten.
Die Kommission hat dagegen geltend gemacht, dass allein die tatsächlich durchgeführten Transitfahrten zu
berücksichtigen seien.
Es geht damit um die Frage, ob diese streitigen Fahrten zu den Transitfahrten
zu rechnen sind, um festzustellen, ob der Referenzwert des Jahres 1991 im Jahr
2000 um mehr als 8 % überschritten wurde.
Dem Gerichtshof zufolge ergibt sich aus dem Protokoll eindeutig, dass die Qualifikation einer
Fahrt als "Transitfahrt" sowohl vom Ausgangspunkt als auch vom Zielpunkt der Lastkraftwagen abhängt,
die beide außerhalb Österreichs liegen müssen. Damit muss nicht nur die Einfahrt eines
Lastkraftwagens nach Österreich, sondern auch seine Ausfahrt nachgewiesen werden.
Nach der Verordnung von 1994 ist dies Aufgabe der österreichischen Behörden, und diese
haben auch die Behörden des Mitgliedstaats, aus dem das entsprechende Fahrzeug stammt, und
die Kommission davon in Kenntnis zu setzen, dass eine Transitfahrt durchgeführt wurde.
Hat ein Fahrer aufgrund der falschen Einstellung des Umweltdatenträgers seines Lastkraftwagens falsche Angaben
gemacht, müssen die österreichischen Behörden, die nach der gemeinschaftsrechtlichen Regelung mit dem Betrieb
des Systems betraut sind, solche Fehler berichtigen.
Das von der österreichischen Regierung angeführte Deklarationsprinzip, wonach eine Fahrt allein aufgrund der
Einstellung des Umweltdatenträgers bei der Einfahrt des Lastkraftwagens nach Österreich als Transitfahrt gelten
soll, findet in den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen keinerlei Grundlage.
Da Österreich nicht den Beweis dafür erbracht hat, dass es sich bei den
streitigen Fahrten tatsächlich um Transitfahrten durch österreichisches Hoheitsgebiet handelte, wurde seine Klage gegen
die Kommission abgewiesen.
N.B. Vor dem Gerichtshof sind zwei weitere Rechtssachen über die Verteilung der Ökopunkte
für die Jahre 2002 (C-296/02) und 2003 (C-393/03) anhängig.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet. Dieses Dokument ist in folgenden Sprachen verfügbar: DE, EN, FR, IT Den vollständigen Wortlaut des Urteils finden Sie heute ab ca. 12.00 Uhr MEZ auf unserer Homepage (www.curia.eu.int ). Mit Fragen wenden Sie sich bitte an Isabelle Phalippou, Tel: (00352) 4303 3255, Fax: (00352) 4303 2734. |