Abteilung Presse und Information


PRESSEMITTEILUNG Nº 111/03

3. Dezember 2003

Urteil des Gerichts in der Rechtssache T-208/01

Volkswagen AG / Kommission der Europäischen Gemeinschaften

DAS GERICHT ERKLÄRT EINE ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION FÜR NICHTIG, MIT DER AUFFORDERUNGEN DER VOLKSWAGEN AG AN IHRE VERTRAGSHÄNDLER FÜR WETTBEWERBSWIDRIG ERKLÄRT WURDEN

Die Kommission hat nicht nachgewiesen, dass zwischen dem Automobilhersteller und seinen Vertragshändlern eine Vereinbarung bestand, mit der durch das Verbot von Preisnachlässen auf ein neues Modell ein Verkaufspreis vorgegeben werden sollte.


In den Jahren 1996 und 1997 hatte der Automobilhersteller Volkswagen seine deutschen Vertragshändler aufgefordert, das neue Modell Volkswagen Passat nicht unterhalb der Preisempfehlung zu verkaufen und keine oder nur beschränkte Preisnachlässe an Kunden zu gewähren.

Auf die Beschwerde eines Verbrauchers hin stellte die Kommission fest, dass diese Maßnahmen wettbewerbswidrig seien, da sie darauf abzielten, unter den Vertragshändlern den Wettbewerb durch Preisnachlässe auszuschalten. Die Kommission nahm eine gegen das Wettbewerbsrecht verstoßende Vereinbarung an und verhängte 2001 eine Geldbuße in Höhe von 30,96 Mio. Euro gegen die Volkswagen AG.

Die Volkswagen AG hat vor dem Gericht erster Instanz bestritten, gegen die Regeln des freien Wettbewerbs verstoßen zu haben, und dazu u. a. vorgetragen, es handle sich bei den Aufforderungen um einseitige Maßnahmen. Es sei daher zu keiner Vereinbarung zwischen den Beteiligten gekommen.

Nach der Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz darf die Kommission nur dann davon ausgehen, dass ein einseitiges Verhalten eines Herstellers im Rahmen seiner vertraglichen Beziehungen zu seinen Vertriebshändlern zu einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung geführt habe, wenn sie eine stillschweigende oder ausdrückliche Zustimmung der Vertriebshändler zum Verhalten des Herstellers nachweist.

Die Kommission hat jedoch nicht nachgewiesen, dass die Vertragshändler den Aufforderungen der Volkswagen AG nach Kenntnisnahme tatsächlich zugestimmt haben. Sie hielt ihn nämlich nicht für erforderlich, weil die Vertragshändler den Aufforderungen ihrer Meinung nach durch den Abschluss des Händlervertrags stillschweigend zugestimmt haben.

Die Vereinbarkeit der von den Vertragshändlern geschlossenen Verträge mit dem EG-Wettbewerbsrecht ist unbestritten.

Die Ansicht der Kommission würde auf die Annahme hinauslaufen, ein Vertragshändler, der einen wettbewerbsrechtskonformen Händlervertrag abgeschlossen hat, habe bei und durch diesen Vertragsabschluss im Voraus einer späteren rechtswidrigen Entwicklung dieses Vertrages zugestimmt, obwohl es dem Händler gerade wegen der Wettbewerbsrechtskonformität des Vertrages nicht möglich ist, eine solche Entwicklung vorzusehen.

Diese Ansicht widerspricht dem Erfordernis des Nachweises einer Willensübereinstimmung. Der Abschluss des Händlervertrags durch die Vertragshändler der Volkswagen AG konnte daher nicht als im Voraus erteilte stillschweigende Zustimmung zu wettbewerbswidrigen Maßnahmen der Volkswagen AG angesehen werden.

Da keine Willensübereinstimmung nachgewiesen ist, wird die Entscheidung der Kommission über die Verhängung eines Bußgelds gegen die Volkswagen AG für nichtig erklärt.

Hinweis: Gegen die Entscheidung des Gerichts kann innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften eingelegt werden.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das das Gericht erster Instanz nicht bindet.

Dieses Dokument ist in folgenden Sprachen verfügbar: DE, EN, ES, FR, IT

Den vollständigen Wortlaut des Urteils finden Sie ab dem Tag der Verkündung, ca. 12.00Uhr MEZ auf unserer Homepage (www.curia.eu.int ).

Mit Fragen wenden Sie sich bitte an Isabelle Phalippou
Tel. (00352) 4303 3255, Fax (00352) 4303 2734.

 

Entscheidung der Kommission vom 29. Juni 2001 in der Sache COMP/F-2/36.693 Volkswagen (ABl. L 262, S. 14)