Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG N° 114/03

11. Dezember 2003

Urteile des Gerichts erster Instanz in den Rechtssachen T56/99, T59/99, T61/99, T65/99 und T66/99

Marlines SA/Kommission, Ventouris Group Enterprises SA/Kommission, Adriatica di Navigazione SpA/Kommission, Strintzis Lines Shipping SA/Kommission, Minoan Lines SA/Kommission

DAS GERICHT ERSTER iNSTANZ BESTÄTIGT IM WESENTLICHEN DIE eNTSCHEIDUNG DER kOMMISSION, MIT DER SIE WETTBEWERBSWIDRIGE ABSPRACHEN IM SEKTOR DES SEEVERKEHRS ZWISCHEN GRIECHENLAND UND ITALIEN GEAHNDET HAT

Nur die gegen die Ventouris Group Enterprises SA und die Adriatica di Navigazione SpA verhängten Geldbußen werden wegen unrichtiger Beurteilung der Schwere und des Umfangs der Zuwiderhandlungen dieser Gesellschaften durch die Kommission herabgesetzt




Auf die Beschwerde eines Kunden, dass die Preise im Fährverkehr zwischen Griechenland und Italien auf den einzelnen Strecken sehr ähnlich seien, leitete die Kommission 1992 eine Untersuchung der Tätigkeiten einer Reihe von Gesellschaften ein, die auf mehreren Routen zwischen Griechenland und Italien Leistungen im Personen- und Frachtverkehr erbringen. In einer Entscheidung von 1998 stellte die Kommission eine Reihe von Absprachen und Praktiken fest, mit denen die Preise für folgende Leistungen festgelegt wurden:

1. für Roll-on-roll-off-Fährdienste zwischen den Häfen von Patras (Griechenland) und Ancona (Italien) und

2. für die Beförderung von Lastkraftwagen auf den Routen von Patras nach Bari (Italien) und von Patras nach Brindisi (Italien).

Demgemäß setzte die Kommission in ihrer Entscheidung gegen die sieben an den Zuwiderhandlungen beteiligten Gesellschaften Geldbußen in einer Gesamthöhe von ungefähr 9 Mio. Euro fest.

Fünf der sieben Gesellschaften, gegen die in der Entscheidung der Kommission Sanktionen verhängt wurden, erhoben daraufhin beim Gericht erster Instanz Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung von 1998 und Herabsetzung der Geldbußen.

Das Gericht bestätigt in den Urteilen vom heutigen Tage die tatsächlichen Feststellungen der Kommission.

Zum einen weist es das Vorbringen der Reedereien, dass ihnen die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen von den griechischen Behörden vorgeschrieben worden seien, mit der Begründung zurück, dass den Reedereien bei der Festlegung ihrer jeweiligen Preispolitik nicht die Handlungsfreiheit genommen wurde. Das Gericht stellt außerdem fest, dass die betreffenden Absprachen den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt verfälschen und dass die Kommission das Bestehen der Absprachen nachgewiesen hat.

Zum anderen ist das Gericht der Auffassung, dass die Kommission nicht gegen die Grundsätze verstoßen hat, die sie bei der Ausübung ihrer Nachprüfungs- und Untersuchungsbefugnisse zu beachten hat. Die Kommission hat ihre Befugnisse nicht überschritten, indem sie in den Geschäftsräumen einer anderen Gesellschaft als den Adressatinnen der Nachprüfungsentscheidung eine Nachprüfung vorgenommen hat. Das Gericht berücksichtigt dabei, dass diese Räumlichkeiten von der Adressatin der Nachprüfungsentscheidung für ihre Geschäftstätigkeit genutzt wurden und den Geschäftsräumen des Unternehmens, an das diese Entscheidung gerichtet war, gleichgestellt werden konnten.

Außerdem führt das Gericht aus, dass die Kommission zu Recht Handlungen und Initiativen einer Gesellschaft einer anderen mit eigener, von dieser verschiedenen Rechtspersönlichkeit zugerechnet hat, da diese beiden Gesellschaften als Geschäftsherr und dessen Handelsvertreter ein und dieselbe wirtschaftliche Einheit bildeten.

Das Gericht setzt jedoch die Geldbußen herab, die die Kommission gegen zwei Reedereien (Ventouris und Adriatica) festgesetzt hatte. Da die Kommission in ihrer Entscheidung – entsprechend den verschiedenen betroffenen Routen – zwei unterschiedliche Zuwiderhandlungen geahndet hat, konnte sie nach Ansicht des Gerichts aus Gründen der Billigkeit und der Verhältnismäßigkeit die Unternehmen, denen nur eine Zuwiderhandlung zur Last gelegt wurde (Ventouris und Adriatica für die Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi), nicht genauso streng bestrafen wie die Unternehmen, die sich an beiden Absprachen beteiligt hatten. Das Gericht hat die spezifische Bedeutung dieser Unternehmen und die relative Bedeutung des Verkehrs auf den einzelnen betroffenen Routen berücksichtigt.

Die Beträge der von der Kommission festgesetzten und vom Gericht bestätigten bzw. korrigierten Geldbußen sind in nachstehender Tabelle angegeben.

Rechtssache  
Klägerin   Von der Kommission festgesetzte Geldbuße (Euro)   Entscheidung des Gerichts (Euro)  
T56/99   Marlines SA  
260 000  
Aufrechterhaltung der ursprünglichen Geldbuße  
T59/99   Ventouris Group Enterprises SA  
1 010 000  
Herabsetzung der Geldbuße auf 252 500  
T61/99   Adriatica di Navigazione SpA  
980 000  
Herabsetzung der Geldbuße auf 245 000  
T65/99   Strintzis Lines Shipping SA  
1 500 000  
Aufrechterhaltung der ursprünglichen Geldbuße  
T66/99   Minoan Lines SA  
3 260 000  
Aufrechterhaltung der ursprünglichen Geldbuße  


Hinweis: Gegen die Entscheidung des Gerichts kann innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften eingelegt werden.


Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das das Gericht erster Instanz nicht bindet.

Dieses Dokument ist in folgenden Sprachen verfügbar: DE, EN, FR, GR, IT, ES

Den vollständigen Wortlaut der Urteile finden Sie heute ab ca. 12.00 Uhr MEZ auf unserer Homepage (www.curia.eu.int ).

Mit Fragen wenden Sie sich bitte an Isabelle Phalippou,
Tel: (00352) 4303 3255 Fax: (00352) 4303 2734
 

Die Gesellschaften Anek Lines und Karageorgis Lines, gegen die Geldbußen von 1,11 Mio. Euro und 1 Mio. Euro festgesetzt wurden, haben beim Gericht erster Instanz keine Klage erhoben.