Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG N. 12/03


4. März 2003

Urteil des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache T-319/99

FENIN (Federación Nacional de Empresas de Instrumentación Científica, Médica, Técnica y Dental) gegen Kommission

DAS GERICHT WEIST DIE KLAGE DER FENIN GEGEN DIE KOMMISSION AB

Eine Einrichtung, die ein Erzeugnis kauft, um es im Rahmen einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit zu verwenden, kann nicht als Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft angesehen werden

Die FENIN (Federación Nacional de Empresas de Instrumentación Científica, Médica, Técnica y Dental) ist ein Verband, in dem die meisten der Unternehmen, die in Spanien medizinische Erzeugnisse vertreiben, zusammengeschlossen sind. Die Einrichtungen, die das nationale Gesundheitssystem (Sistema Nacional de Salud, SNS) verwalten, kaufen bei der Klägerin medizinische Erzeugnisse, um sie in spanischen Krankenhäusern zu verwenden. Die FENIN macht geltend, dass die Verzögerung bei der Bezahlung dieser Erzeugnisse durchschnittlich 300 Tage betrage und dass sie in dieser Hinsicht wegen der beherrschenden Stellung der Einrichtungen des SNS keinen Druck ausüben könne.

Deshalb beanstandete die FENIN bei der Europäischen Kommission den Missbrauch einer beherrschenden Stellung. Die Kommission wies diese Beschwerde jedoch zurück, da sie der Ansicht war, dass die das SNS verwaltenden Einrichtungen nicht als Unternehmen handelten. Gegen die Entscheidung der Kommission erhob die FENIN Klage beim Gericht erster Instanz
der EG.

Das Gericht erläutert zunächst den Begriff des Unternehmens im Rahmen des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft: Er umfasst jede Einrichtung, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung. Was den Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit kennzeichnet, ist nicht die Einkaufstätigkeit als solche, sondern das Anbieten von Gütern oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt. Somit bestimmt der wirtschaftliche oder nichtwirtschaftliche Charakter der späteren Verwendung des erworbenen Erzeugnisses den Charakter der Einkaufstätigkeit. Kauft eine Einrichtung ein Erzeugnis, um es im Rahmen einer nichtwirtschaftlichen, z. B. einer rein sozialen, Tätigkeit zu verwenden, so wird sie demnach nicht als Unternehmen tätig, selbst wenn sie eine erhebliche Wirtschaftsmacht auszuüben vermag.

Danach stellt das Gericht fest, dass Einrichtungen, welche eine ausschließlich soziale Aufgabe erfüllen, die auf dem Grundsatz der Solidarität beruht und ohne Gewinnzweck ausgeübt wird, keine Unternehmen sind.


Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, dass das spanische SNS nach dem Grundsatz der Solidarität funktioniert, weil es durch Sozialversicherungsbeiträge finanziert wird und seinen Mitgliedern im Rahmen eines umfassenden Versicherungsschutzes unentgeltliche Dienstleistungen anbietet.

Aus den genannten beiden Gründen können die Einrichtungen des SNS weder bei der Verwaltung des SNS noch bei ihrer damit in Zusammenhang stehenden Einkaufstätigkeit als Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft angesehen werden.

Unter diesen Umständen hält das Gericht eine Untersuchung des Vorbringens der FENIN zum Missbrauch einer beherrschenden Stellung nicht für erforderlich und weist die Klage ab.


Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das das Gericht erster Instanz nicht bindet.

Dieses Dokument ist in Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch und Spanisch verfügbar.

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Mit Fragen wenden Sie sich bitte an Herrn Konstantin Schmidt,
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