PRESSEMITTEILUNG N. 13/03
DAS GERICHT ERKLÄRT WEGEN UNZUREICHENDER BEGRÜNDUNG DIE
ENTSCHEIDUNG DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION FÜR NICHTIG, MIT
DER FESTGESTELLT WURDE, DASS DIE ÜBERTRAGUNG DER
WOHNUNGSBAUFÖRDERUNGSANSTALT AUF DIE WESTDEUTSCHE
LANDESBANK EINE UNZULÄSSIGE STAATLICHE BEIHILFE IN HÖHE VON
1 579 700 000 DM DARSTELLE
Nach Ansicht des Gerichts hat die Kommission den Bezugssatz, anhand dessen sie die von
der WestLB gezahlte Vergütung als unangemessen eingestuft hat, nicht hinreichend
begründet.
Ein Verband deutscher Privatbanken, der Bundesverband deutscher Banken, richtete eine
Beschwerde an die Europäische Kommission, in der er einen Verstoß dieser Transaktion gegen
Gemeinschaftsrecht rügte. Mit einer Entscheidung vom 8. Juli 1999 stufte die Kommission die
beanstandete Transaktion als rechtswidrige und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare
staatliche Beihilfe ein. Sie hält insbesondere die Vergütung, die das Land NRW als
Gegenleistung für die WfA-Übertragung erhalte, für nicht angemessen. Ihrer Ansicht nach hätte
sich eine marktkonforme Vergütung für einen Teil des der WestLB übertragenen Vermögens auf
9,3 % nach Steuern pro Jahr belaufen müssen. Für den Zeitraum 1992 - 1998 setzte sie den
Unterschied zwischen der marktkonformen Vergütung und derjenigen, die das Land NRW
tatsächlich erhalten habe, auf insgesamt 1 579 700 000 DM (807 700 000 Euro) an. Nach
Auffassung der Kommission stellt diese Zahl somit den Gesamtbetrag der Beihilfe dar, die
Deutschland von der WestLB zurückfordern müsse.
Die WestLB und das Land NRW beantragten beim Gericht erster Instanz der EG die
Nichtigerklärung dieser Entscheidung. Parallel dazu erhob Deutschland Klage vor dem
Gerichtshof der EG. Dieses Verfahren ist ausgesetzt worden, und Deutschland trat den Verfahren
vor dem Gericht als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der WestLB und des Landes
NRW bei.
Das Gericht untersucht im Einzelnen die Frage, ob die Kommission nach den einschlägigen
Gemeinschaftsbestimmungen der Auffassung sein durfte, dass die WfA-Übertragung eine
staatliche Beihilfe darstelle. Es verwirft u. a. die Ansicht der Kläger, dass die Kommission den
Begriff der staatlichen Beihilfe rechtswidrig erweitert habe. Die Kommission sei vielmehr zu
Recht davon ausgegangen, dass eine rechtswidrige staatliche Beihilfe auch dann vorliegen könne,
wenn öffentliche Mittel in ein rentables Unternehmen investiert würden. Eine solche Beihilfe
liege dann vor, wenn die vom Staat für eine solche Anlage geforderte Rendite niedriger sei als
diejenige, die ein privater, marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber für eine vergleichbare
Anlage verlangt hätte. Die Kommission habe insoweit die Durchschnittsrendite für Anlagen in
dem betroffenen Sektor berücksichtigen dürfen, um die angemessene Vergütung festzustellen,
die das Land NRW für die Zufuhr öffentlicher Mittel an die WestLB hätte erhalten müssen.
Das Gericht stellt jedoch fest, dass die Kommission entgegen ihrer Begründungspflicht den
Renditesatz von 9,3 %, den sie konkret als angemessene Vergütung angebe, hinsichtlich
zweier Aspekte nicht ausreichend begründet habe. Dies betreffe zum einen die Höhe des
Grundrenditesatzes, d. h. die Durchschnittsrendite für Anlagen im Bankensektor, und zum
anderen den Aufschlag, der auf diesen Satz vorgenommen worden sei, um den Besonderheiten
der Transaktion Rechnung zu tragen.
Zum Grundrenditesatz führt das Gericht aus, die Kommission habe nur die ihrer Wahl
zugrunde liegenden Informationsquellen aufgezählt, ohne aber die wesentlichen Erwägungen
darzulegen, die sie zu dieser Wahl veranlasst hätten.
Die Entscheidung lasse auch die Überlegungen der Kommission in Bezug auf die Wahl der Höhe
des Aufschlagsatzes nicht klar erkennen.
Das Gericht erklärt deshalb die Entscheidung der Kommission angesichts der wesentlichen
Bedeutung, die diesen Aspekten darin zukomme, für nichtig.
Hinweis: Gegen die Entscheidung des Gerichts kann binnen zwei Monaten nach ihrer
Verkündung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof der
Europäischen Gemeinschaften eingelegt werden.
Dieses Dokument ist in Deutsch, Englisch und Französisch verfügbar. Wegen des vollständigen Wortlauts des Urteils konsultieren Sie bitte heute ab ungefähr 15.00 Uhr unsere Homepage im Internet www.curia.eu.int .
Mit Fragen wenden Sie sich bitte an Herrn Konstantin Schmidt,
Filmaufnahmen von der Urteilsverkündung sind verfügbar über .Europe by Satellite, |