PRESSEMITTEILUNG N. 41/03
Urteil des Gerichtshofes in den verbundenen Rechtssachen C-465/00, C-138/01 und C-139/01
Voraussetzung dafür ist, dass die Weitergabe im Hinblick auf das Ziel der ordnungsgemäßen
Verwaltung öffentlicher Mittel notwendig und angemessen ist. Es ist Sache der nationalen
Gerichte, zu prüfen, ob hierfür die Offenlegung der Namen erforderlich ist oder ob eine
anonymisierte Weitergabe der Daten ausreicht.
Verschiedene Einrichtungen - u. a. der ORF und weitere öffentliche Unternehmen,
Gebietskörperschaften und eine gesetzliche Interessenvertretung - übermittelten die
Einkommensdaten nicht oder nur ohne die Namen der Arbeitnehmer an den Rechnungshof. Sie
stützten sich hierfür auf eine Gemeinschaftsrichtlinie über den Schutz personenbezogener Daten
aus dem Jahr 1995. Der Rechnungshof rief den Verfassungsgerichtshof an, um eine Entscheidung
über diese Meinungsverschiedenheit zu erhalten (C-465/00).
Zwei Arbeitnehmer des ORF - Frau Neukomm und Herr Lauermann - beantragten bei den
österreichischen Gerichten, dem ORF die Übermittlung der vom Rechnungshof angefordertenDaten zu untersagen. Gegen die Zurückweisung dieser Anträge legten sie Revisionsrekurs beim
Obersten Gerichtshof ein.
Die beiden österreichischen Gerichte legten dem Gerichtshof zwei Fragen vor: Ist die
österreichische Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht (insbesondere mit der Richtlinie von
1995) vereinbar, und sind ihre Bestimmungen in dem Sinne unmittelbar anwendbar, dass sich
die Parteien auf sie berufen können, um die Anwendung zwingender Vorschriften des nationalen
Rechts zu verhindern?
Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die Gemeinschaftsrichtlinie zwar als Hauptziel die
Gewährleistung des freien Verkehrs personenbezogener Daten anstrebe, dabei jedoch den Schutz
der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere den Schutz der Privatsphäre
natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die
Mitgliedstaaten verlange.
Die Aufnahme von Einkommensdaten in Verbindung mit den Namen der Empfänger in einen
Jahresbericht erfülle den Tatbestand der "Verarbeitung personenbezogener Daten". Zu den
gemeinschaftsrechtlich geschützten Grundrechten gehörten u. a. die in der Europäischen
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) gewährleisteten
Rechte. Die EMRK gehe zwar vom Grundsatz des Verbotes behördlicher Eingriffe in die
Ausübung des Rechts auf Achtung des Privatlebens aus, lasse jedoch solche Eingriffe unter
bestimmten Voraussetzungen zu (Artikel 8 EMRK).
Die Weitergabe von Daten über die Bezüge von Arbeitnehmern oder Ruhegehaltsempfängern
durch den Arbeitgeber an Dritte stelle einen Eingriff in die Privatsphäre im Sinne von Artikel 8
EMRK dar, der nur gerechtfertigt werden könne, wenn er gesetzlich vorgesehen sei, eines der
in diesem Artikel genannten berechtigten Ziele verfolge und in einer demokratischen
Gesellschaft für die Erreichung dieses Zieles notwendig sei.
Hierzu stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass der Eingriff im österreichischen Gesetz
vorgesehen sei. Allerdings hätten die nationalen Gerichte zu prüfen, ob die (im Gesetz nicht
vorgesehene) Offenlegung der Namen der Betroffenen dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit
entspreche. Der Zweck des Eingriffs bestehe darin, die sparsame und sachgerechte Verwendung
öffentlicher Mittel durch die Verwaltung sicherzustellen, was ein berechtigter Zweck im Sinne
von Artikel 8 EMRK sei, der auf das "wirtschaftliche Wohl des Landes" abstelle. Im Hinblick
auf die Erforderlichkeit hätten die nationalen Gerichte zu prüfen, ob die Veröffentlichung der
Namen der Betroffenen in Verbindung mit deren Einkünften notwendig sei und ob es nicht
ausreichen würde, die Öffentlichkeit nur über die Bezüge und andere geldwerte Vorteile zu
unterrichten, auf die die betroffenen Beschäftigten vertraglich Anspruch hätten.
Sollten die vorlegenden Gerichte die österreichische Regelung für unvereinbar mit der EMRK
halten, so kann sie nach Auffassung des Gerichtshofes auch nicht mit der Gemeinschaftsrichtlinie
in Einklang stehen. Sollten die Gerichte dagegen zu dem Ergebnis gelangen, dass die Regelung
im Hinblick auf das mit ihr verfolgte, im Allgemeininteresse liegende Ziel sowohl notwendig als
auch angemessen sei, so hätten sie weiter zu prüfen, ob die Regelung dem Erfordernis der
Vorhersehbarkeit entspreche, obwohl sie nicht ausdrücklich die Offenlegung der Namen der
Betroffenen vorsehe.
Zu der Frage nach der unmittelbaren Anwendbarkeit der Gemeinschaftsrichtlinie stellt der
Gerichtshof fest, die Bestimmungen der Richtlinie seien so genau, dass sich ein Einzelner vor
den nationalen Gerichten auf sie berufen könne, um die Anwendung entgegenstehender
Vorschriften des internen Rechts zu verhindern.
das den Gerichtshof nicht bindet.
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schwedischer Sprache vor.
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Mit Fragen wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle Phalippou, |
1 - Der Gebarungskontrolle durch den Rechnungshof unterliegen die Gebietskörperschaften, die Sozialversicherungsträger, die gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen, der Österreichische Rundfunk (ORF), der eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ist, sowie andere öffentliche Unternehmen.