PRESSEMITTEILUNG N. 51/03
Der Generalanwalt schlägt daher vor, die Klage der Kommission abzuweisen.
Spanien macht geltend, die Kommission habe ihm keine ausreichende Frist eingeräumt, um
seinen Verpflichtungen nachzukommen. In der mit Gründen versehenen Stellungnahme hatte die
Kommission diese Frist auf den 27. September 2000 festgesetzt; sie betrug somit zwei Jahre und
sieben Monate nach Urteilserlass.
Generalanwalt Jean Mischo hat heute seine Schlussanträge in dieser Rechtssache vorgetragen.
Die Ansicht des Generalanwalts ist für den Gerichtshof nicht bindend. Aufgabe des Generalanwalts ist es, dem Gerichtshof in völliger Unabhängigkeit eine Lösung der von ihm bearbeiteten Rechtssachen vorzulegen. |
Nach ständiger Rechtsprechung verlange das Interesse an einer sofortigen und einheitlichen
Anwendung des Gemeinschaftsrechts, dass die Durchführung des Urteils des Gerichtshofes
unmittelbar in Angriff genommen und kürzestmöglich abgeschlossen werde. Aus dieser
Rechtsprechung folge, dass einem Mitgliedstaat für diese Durchführung eine angemessene
Frist eingeräumt werden müsse. Es könne somit eine gewisse Zeit vergehen, bis die
Nichtdurchführung des Urteils zweifelsfrei feststehe, zumindest was das Ergebnis der ergriffenen
Maßnahmen anbelange.
Zu der Frage, ob Spanien erst ab der Frist, die die Kommission in der mit Gründen versehenen
Stellungnahme festgesetzt hatte, mit der Durchführung des Urteils des Gerichtshofes begonnen
hat.
Der Generalanwalt teilt nicht den Standpunkt der Kommission, dass eine Verurteilung wegen
Untätigkeit der spanischen Behörden in der Zeit zwischen der Verkündung des Urteils
(12.2.1998) und der mit Gründen versehenen Stellungnahme (27.9.2000) gerechtfertigt sei. Die
Zahlen belegten nämlich eine Qualitätsverbesserung der streitigen Badegewässer zwischen 1998
und 1999, da der Prozentsatz der Konformität von 73 % auf 76,5 % gestiegen sei. Außerdem
ergebe sich daraus, dass der Kommission am Ende der in der mit Gründen versehenen
Stellungnahme festgesetzten Frist ein zur Problemerkennung ausgearbeiteter Aktionsplan
übermittelt worden sei, nicht, dass Spanien erst nach Erhalt dieser mit Gründen versehenen
Stellungnahme die Durchführung von Abhilfemaßnahmen in Angriff genommen habe. Vielmehr
ergebe sich aus der Akte, dass dieser Plan auf Daten beruhe, die bereits zuvor erhoben worden
seien. Nach Ansicht des Generalanwalts hat die Kommission nicht nachgewiesen, dass die
spanischen Behörden nicht sofort begonnen haben, das Urteil des Gerichtshofes
durchzuführen.
Zu den Kriterien dafür, ob Spanien eine angemessene Frist eingeräumt wurde.
Der Generalanwalt ist der Meinung, dass die Angemessenheit der Frist von den
Maßnahmen abhänge, die der Mitgliedstaat im Zeitpunkt der Verkündung des Urteils des
Gerichtshofes noch auszuführen habe, und dementsprechend je nach den Umständen des
Einzelfalls variieren könne und dass die sich aus den Richtlinien ergebenden
Erfolgspflichten nicht miteinander vergleichbar seien. Zwar bestehe in bestimmten Fällen die
Handlungspflicht des Mitgliedstaats darin, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften zu erlassen,
was schnell und einfach erledigt werden könne. Dies gelte jedoch nicht für den vorliegenden Fall,
in dem die Erfolgspflicht darin bestehe, die physische Realität eines ganzen Landes zu verändern
und zu kontrollieren. Es zeige sich nämlich, dass Spanien mit unspezifischen
Verschmutzungsquellen oder Abflüssen aus landwirtschaftlichen Flächen konfrontiert sei und
dass es schwierig sei, diese Probleme zu identifizieren und zu beseitigen, zumal in der Mehrzahl
dieser Fälle mehrere Badesaisons vergehen müssten, bis die tatsächliche Ursache festgestellt oder
der Verschmutzungskreislauf nachvollzogen werden könne. In bestimmten Fällen sei daher eine
Lösung nur durch Anwendung langfristiger Programme zur Verbesserung der
landwirtschaftlichen Praxis möglich.
Der Generalanwalt gelangt daher zu dem Schluss, dass die Argumente der Kommission
nicht geeignet seien, darzutun, dass Spanien eine angemessene Frist zur Durchführung des
Urteils des Gerichtshofes zur Verfügung gestanden habe, und somit nicht belegten, dass
bereits bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist habe
festgestellt werden können, dass Spanien seine Verpflichtungen nicht erfüllt habe. Der
Generalanwalt weist darauf hin, dass eine solche Situation unter Berücksichtigung der
Besonderheiten des Einzelfalls eine Ausnahme bleiben müsse. Er ist folglich der Ansicht, dass
die behauptete Vertragsverletzung nicht nachgewiesen und die Klage der Kommission
abzuweisen sei.
Dieses Dokument liegt in allen Sprachen vor.
Wegen des vollständigen Wortlauts der Schlussanträge konsultieren Sie bitte heute ab
ungefähr 15.00 Uhr unsere Homepage im Internet www.curia.eu.int .
Mit Fragen wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle Phalippou,
das den Gerichtshof nicht bindet.
Tel.: (00352) 4303 3255; Fax: (00352) 4303 2734.
1 - Richtlinie 76/160/EWG vom 8. Dezember 1975. 2 - Urteil in der Rechtssache C-92/96 (Kommission/Spanien, Slg. 1996, I-505).