PRESSEMITTEILUNG N. 58/03
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ ERLÄUTERT IN EINEM KARTELLFALL AUF
DEM LYSINMARKT DIE KRITERIEN FÜR DIE BEMESSUNG VON
GELDBUSSEN
1995 wurden nach einer geheimen Untersuchung durch das Federal Bureau of Investigation in
den Vereinigten Staaten die Geschäftsräume mehrerer auf dem Lysinmarkt tätiger Unternehmen
durchsucht. Infolge dieser Ermittlungen wurde den Unternehmen Archer Daniels Midland,
Kyowa Hakko Kogyo, Sewon, Cheil Jedang und Ajinomoto von den amerikanischen Behörden
vorgeworfen, von Juni 1992 bis Juni 1995 ein Kartell gebildet zu haben, das die Lysinpreise
festgesetzt und die Verkaufsmengen für Lysin aufgeteilt habe.
Im Juli 1996 bot die Ajinomoto der Europäischen Kommission ihre Zusammenarbeit bei der
Ermittlung des Bestehens eines Kartells auf dem Lysinmarkt und seiner Auswirkungen im
Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) an. Die Kommission verlangte von den betroffenen
Unternehmen Auskunft über deren Verhalten auf dem Aminosäuremarkt und die
Kartellzusammenkünfte.
In dieser Entscheidung folgte die Kommission der Vorgehensweise, die in den Leitlinien für das
Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung
Nr. 17 des Rates festgesetzt werden, beschrieben wird.
Insgesamt verhängte die Kommission in ihrer Entscheidung gegen die am Kartell beteiligten
Unternehmen Geldbußen in Höhe von etwa 110 Millionen Euro.
Das Gericht ist der Ansicht, dass im vorliegenden Fall der Grundsatz ne bis in idem, wonach
niemand, der bereits verurteilt worden ist, wegen derselben Tatsache nochmals verfolgt
oder bestraft werden darf, keine Anwendung finde, da die von der Kommission einerseits und
von den Behörden eines Drittstaats, der Vereinigten Staaten, andererseits betriebenen Verfahren
und verhängten Sanktionen nicht denselben Zielen dienten. Auch wenn es ein Gebot der
Billigkeit sei, dass die Kommission bei der Bemessung einer Geldbuße den Sanktionen
Rechnung tragen müsse, die gegen das betreffende Unternehmen bereits wegen Verstoßes gegen
das Kartellrecht eines Mitgliedstaats verhängt worden seien, sei die Kommission dazu doch nicht
verpflichtet, wenn die bereits verhängten Sanktionen von Behörden oder Gerichten eines
Drittstaats herrührten.
Das Gericht stellt ferner fest, dass die Kommission die Herabsetzungen wegen mildernder
Umstände gegenüber den betroffenen Unternehmen nicht in der gleichen Weise vorgenommen
habe.
Es befindet, dass die wegen erschwerender oder mildernder Umstände festgesetzten
prozentualen Erhöhungen oder Herabsetzungen an dem nach Maßgabe der Schwere und
Dauer der Zuwiderhandlung ermittelten Grundbetrag der Geldbuße vorzunehmen seien und
nicht an dem Betrag einer zuvor wegen der Dauer der Zuwiderhandlung erfolgten Erhöhung oder
an dem Betrag, der aus einer ersten Erhöhung oder Herabsetzung wegen eines erschwerenden
oder mildernden Umstands resultiere. Diese Methode zur Berechnung von Geldbußen
gewährleiste die Gleichbehandlung verschiedener Unternehmen, die am selben Kartell beteiligt
seien.
Rechts- sache | Klägerinnen/ Euro- päische Kommission | Höhe der von der Kommission verhängten Geldbußen (Entscheidung 2001/418/EG) (Euro) |
Urteil des Gerichts
erster Instanz (Euro) |
T-220/00 | Cheil Jedang Corporation | 12 200 000 | Herabsetzung der Geldbuße auf 10 080 000 |
T-223/00 |
Kyowa Hakko Kogyo
Co. Ltd Kyowa Hakko Europe GmbH |
13 200 000 | Aufrechterhaltung der ursprünglichen Geldbuße |
T-224/00 |
Archer Daniels
Midland Company Archer Daniels Midland Ingredients Ltd |
47 300 000 | Herabsetzung der Geldbuße auf 43 875 000 |
T-230/00 |
Daesang Corporation Sewon Europe GmbH |
8 900 000 | Herabsetzung der Geldbuße auf 7 128 240 |
Insgesamt | 81 600 000 | 74 283 240 |
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