Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG N. 71/03


11. September 2003

Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-6/01

Associação Nacional de Operadores de Máquinas Recreativas (Anomar) u. a. / Portugiesischer Staat


DIE PORTUGIESISCHEN RECHTSVORSCHRIFTEN, DURCH DIE GLÜCKS- ODER GELDSPIELE AUF KASINOS BESCHRÄNKT WERDEN, VERSTOSSEN NICHT GEGEN DIE GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN REGELN ÜBER DEN FREIEN DIENSTLEISTUNGSVERKEHR

Das Gemeinschaftsrecht steht nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegen, die es verbieten, bestimmte Glücks- oder Geldspiele an anderen Orten als in Kasinosälen, die in zugelassenen Zonen gelegen sind, zu veranstalten und daran teilzunehmen

Das portugiesische Recht behält dem Staat die Veranstaltung und den Betrieb von Glücks- oder Geldspielen vor und lässt die Veranstaltung von und die Teilnahme an diesen Spielen nur in den gesetzlichen vorgesehenen Zonen zu, d. h. in Kasinos, die Inhaber einer staatlichen Konzession sind.

Die Associação Nacional de Operadores de Máquinas Recreativas (Anomar), ein Verband, in dem die portugiesischen Wirtschaftsteilnehmer des Spielgerätesektors zusammengeschlossen sind, und acht portugiesische Gesellschaften, die die gleichen Tätigkeiten ausüben, haben bei den portugiesischen Gerichten eine Klage gegen den portugiesischen Staat mit dem Ziel erhoben, dass ihnen das Recht zuerkannt werde, Geldspielautomaten außerhalb der gesetzlich abgegrenzten Spielzonen zu betreiben.

Das portugiesische Gericht fragt den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach der Vereinbarkeit der portugiesischen Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht.

Erstens qualifiziert der Gerichtshof den Betrieb von Glücks- oder Geldspielautomaten als Dienstleistungen im Sinne des EG-Vertrags.

Sodann weist er darauf hin, dass eine gesetzliche Regelung ein Hindernis für den freien Dienstleistungsverkehr darstellt, wenn sie die Tätigkeiten eines Dienstleistungserbringers, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, wo er rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, behindern kann. Der Gerichtshof stellt fest, dass dies auf die portugiesischen Rechtsvorschriften zutrifft, die das Recht auf Veranstaltung von Glücks- oder Geldspielen auf die Kasinos beschränkt, die in den durch die portugiesischen Rechtsvorschriften geschaffenen dauernden oder vorübergehenden Spielzonen gelegen sind.

In bestimmten Fällen lässt der EG-Vertrag Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs zu. Handelt es sich um Beschränkungsmaßnahmen, die ohne Unterscheidung nach der Staatsangehörigkeit gelten - wie im vorliegenden Fall -, so können diese aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden, sofern sie gemessen an den verfolgten Zielen verhältnismäßig sind.

Die Erhaltung der Lauterkeit des Spiels und die Möglichkeit, daraus einen Gewinn für den öffentlichen Sektor zu ziehen, sind Ziele, die - in ihrer Gesamtheit betrachtet - den Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung betreffen. Sie sind vom Gerichtshof bereits als Ziele qualifiziert worden, die Eingriffe in den freien Dienstleistungsverkehr rechtfertigen können und die in Anbetracht der mit den nationalen Rechtsvorschriften verfolgten Ziele verhältnismäßig sind.

Der Gerichtshof unterstreicht, dass der Umstand, dass es in anderen Mitgliedstaaten Rechtsvorschriften über Glücksspiele gibt, die weniger einschränkend als die portugiesischen Rechtsvorschriften sind, unerheblich für die Vereinbarkeit der letztgenannten mit dem Gemeinschaftsrecht ist.

Schließlich weist der Gerichtshof darauf hin, dass die Wahl der konkreten Durchführungsmodalitäten wie die Regelung, dass die Veranstaltung von und die Teilnahme an Glücksspielen vom Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Konzessionsvertrags mit dem Staat nach öffentlicher Ausschreibung abhängig ist, Sache der nationalen Stellen im Rahmen ihres Ermessens ist.


Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument,
das den Gerichtshof nicht bindet.

Dieses Dokument ist in deutscher, englischer, französischer, italienischer, niederländischer, portugiesischer und spanischer Sprache verfügbar.

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Mit Fragen wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle Phalippou,
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