PRESSEMITTEILUNG N. 76/03
EIN MIT EINEM BÜRGER DER EUROPÄISCHEN UNION VERHEIRATETER
DRITTSTAATSANGEHÖRIGER HAT, SOFERN ER SICH RECHTMÄSSIG IN
EINEM ANDEREN MITGLIEDSTAAT AUFGEHALTEN HAT, EIN RECHT AUF
AUFENTHALT IM HERKUNFTSSTAAT DES UNIONSBÜRGERS, WENN DIESER,
NACHDEM ER VON SEINEM RECHT AUF FREIZÜGIGKEIT GEBRAUCH
GEMACHT HAT, MIT IHM ZUSAMMEN DORTHIN ZURÜCKKEHRT, UM DORT
ZU ARBEITEN
Die Absichten, die ein Ehepaar dazu veranlassen, in einen anderen Mitgliedstaat zu ziehen,
sind auch dann unbeachtlich, wenn mit diesem Umzug - im Hinblick auf die Rückkehr in den
ersten Mitgliedstaat, in dem der Ehegatte in dem Zeitpunkt, in dem sich das Ehepaar in
einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen hat, kein Aufenthaltsrecht besaß - ein
Aufenthaltsrecht über das Gemeinschaftsrecht begründet werden soll
Anlässlich ihres Antrags wurden Herr und Frau Akrich durch die Botschaft des Vereinigten
Königreichs in Dublin angehört. Es ergab sich, dass sie die Absicht gehabt hatten, in das
Vereinigte Königreich zurückzukehren, nachdem sie .von gemeinschaftsrechtlichen Rechten
gehört hatten, wonach man nach einem Verbleib von sechs Monaten in das Vereinigte
Königreich zurückkehren kann.
Der Antrag wurde vom Secretary of State for the Home Department abgelehnt. Er war der
Ansicht, dass der Wegzug nach Irland nur zu einer vorübergehenden Abwesenheit geführt habe
und in der Absicht erfolgt sei, Herrn Akrich ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen und die
Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs zu umgehen. Herr Akrich erhob Klage gegen
diesen ablehnenden Bescheid.
Das schließlich mit der Sache befasste Immigration Appeal Tribunal hat dem Gerichtshof der EG
die Frage vorgelegt, ob der Herkunftsmitgliedstaat dem Ehegatten, der Angehöriger eines
Drittstaats ist, unter diesen Umständen das Recht auf Einreise verweigern und die Absicht des
Ehepaars, bei ihrer Rückkehr in den Herkunftsmitgliedstaat gemeinschaftsrechtliche Rechte
geltend zu machen, berücksichtigen darf.
Der Gerichtshof verweist auf sein Urteil Singh, nach dem das Gemeinschaftsrecht einen
Mitgliedstaat verpflichtet, die Einreise in sein Hoheitsgebiet und den Aufenthalt dort dem
Ehegatten eines Angehörigen dieses Staates zu gestatten, der sich mit besagtem Ehegatten in
einen anderen Mitgliedstaat begeben hat, um dort eine unselbständige Berufstätigkeit auszuüben,
und zurückkehrt, um sich in dem Staat, dem er angehört, niederzulassen. Der Gerichtshof weist
jedoch darauf hin, dass das Gemeinschaftsrecht, nämlich die Verordnung Nr. 1612/68 des Rates
über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, nur die Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft
betrifft und nichts über das Bestehen von Rechten von einem mit einem Unionsbürger
verheirateten Drittstaatsangehörigen im Hinblick auf den Zugang zum Gemeinschaftsgebiet
sagt.
Um in den Genuss des Rechts zu kommen, bei dem Unionsbürger Wohnung zu nehmen, muss
sich ein solcher Ehegatte nach Ansicht des Gerichtshofes rechtmäßig in einem Mitgliedstaat
aufhalten, wenn er sich in einen anderen Mitgliedstaat begibt, in den der Unionsbürger
abwandert.
Was die Frage des Missbrauchs anbelangt, führt der Gerichtshof aus, dass die Absichten des
Bürgers, der in einem Mitgliedstaat Arbeit suchen möchte, für die Beurteilung der Rechtslage,
in der sich das Ehepaar bei der Rückkehr in den Herkunftmitgliedstaat befindet, unerheblich
sind. Ein solches Verhalten könne selbst dann keinen Missbrauch darstellen, wenn der Ehegatte
in dem Zeitpunkt, in dem sich das Ehepaar in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen habe,
im Herkunftsstaat kein Aufenthaltsrecht gehabt habe. Ein Missbrauch läge vor, wenn die
gemeinschafsrechtlichen Rechte im Rahmen von Scheinehen geltend gemacht würden, die zur
Umgehung der nationalen Zuwanderungsbestimmungen geschlossen würden.
Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet.
Es ist in folgenden Sprachen verfügbar: DE, EN, ES, FR, NL, IT
Den vollständigen Wortlaut des Urteils finden Sie heute ab ca. 12.00 Uhr MEZ auf
unserer Homepage (www.curia.eu.int ).
Mit Fragen wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle Phalippou, |
1 Urteil vom 7. Juli 1992 in der Rechtssache C-370/90.