Abteilung Presse und Information
PRESSEMITTEILUNG N1 77/03
23. September 2003
Urteil des Gerichtshofes in dem Vorabentscheidungsverfahren C-452/01
Margarethe Ospelt und Schlössle Weissenberg Familienstiftung
Im April 1998 wurde die gesamte Liegenschaft mit notarieller Urkunde einer Stiftung gewidmet,
die ihren Sitz im Fürstentum Liechtenstein hat und deren Erstbegünstigte Frau Ospelt ist.
Die Stiftung hatte die Absicht, die Bewirtschaftung der Grundstücke weiterhin den Landwirten zu
überlassen, die bereits damit betraut waren.
Die nach dem Vorarlberger Grundverkehrsgesetz (VGVG) erforderliche Genehmigung wurde bei den Behörden des
Landes beantragt und von diesen mit der Begründung versagt, dass die Voraussetzungen für
den Erwerb durch Ausländer nicht erfüllt seien.
Auch der Unabhängige Verwaltungssenat von Vorarlberg, bei dem Berufung eingelegt wurde, versagte die
vorherige Genehmigung, da die Stiftung ebenso wie Frau Ospelt keine Landwirtschaft betreibe und
dies auch in Zukunft nicht beabsichtige und da eine solche Transaktion daher nicht
im Einklang mit den im öffentlichen Interesse liegenden Zielen des
VGVG hinsichtlich der Erhaltung und Schaffung wirtschaftlich lebensfähiger kleiner und mittlerer landwirtschaftlicher
Betriebe stehe.
Der in letzter Instanz befasste Verwaltungsgerichtshof möchte vom Gerichtshof wissen, ob die Bestimmungen
des EG-Vertrags über den freien Kapitalverkehr einem Verfahren der vorherigen Genehmigung, wie es
das VGVG für Transaktionen in Bezug auf landwirtschaftliche Grundstücke vorsieht, entgegenstehen.
Der Gerichtshof stellt fest, dass die vom VGVG aufgestellten Voraussetzungen den freien Kapitalverkehr
beschränken. Doch verfolgt das VGVG seiner Auffassung nach im Allgemeininteresse liegende Ziele, mit
denen solche Beschränkungen grundsätzlich gerechtfertigt werden können.
Die von den zuständigen Stellen im Voraus ausgeübte Kontrolle solle sicherstellen, dass die
Veräußerung landwirtschaftlicher Grundstücke nicht die Einstellung ihrer Bewirtschaftung zur Folge habe. Der Gerichtshof
betont, dass eine Kontrolle durch die nationalen Stellen nach der Veräußerung dieser Grundstücke
nicht dieselben Sicherheiten böte, und kommt zu dem Schluss, dass ein System vorheriger
Genehmigungen im Grundsatz nicht zu beanstanden sei.
Allerdings sei die Transaktion zwischen Frau Ospelt und der Stiftung nicht genehmigt worden,
da die Stiftung ebenso wie Frau Ospelt keinen landwirtschaftlichen Betrieb führe. Dies gehe
über das hinaus, was zur Erreichung der mit dem VGVG verfolgten, im Allgemeininteresse
liegenden Ziele erforderlich sei.
Eine andere, den freien Kapitalverkehr in geringerem Maße beeinträchtigende Maßnahme wäre z. B., die
Veräußerung von landwirtschaftlichen Grundstücken an eine juristische Person an besondere Verpflichtungen wie die
langfristige Verpachtung des Grundstücks zu knüpfen.
Sofern das VGVG von den nationalen Stellen dahin ausgelegt würde, dass die vorherige
Genehmigung anderen Personen als Landwirten, die auf den betreffenden Grundstücken wohnten, erteilt werden
könne, wenn sie die erforderlichen Garantien hinsichtlich der Beibehaltung der landwirtschaftlichen Nutzung dieser
Grundstücke abgäben, dann beschränkte das VGVG den freien Kapitalverkehr nicht über das hinaus,
was zur Erreichung seiner Ziele erforderlich sei.
Es ist in folgenden Sprachen verfügbar: DA, DE, EN, FR Den vollständigen Wortlaut des Urteils finden Sie heute ab ca. 12.00 MEZ auf unserer Homepage (www.curia.eu.int ). Mit Fragen wenden Sie sich bitte an Frau Isabelle Phalippou, Tel.: (00352) 4303 3255, Fax: (00352) 4303 2734. |
§ 5 VGVG sieht vor, dass der Rechtserwerb im Falle landwirtschaftlicher Grundstücke nur genehmigt
werden darf, wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes
entspricht und der Erwerber das Grundstück im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes selbst bewirtschaftet
und im Betrieb auch seinen ständigen Wohnsitz hat oder, soweit ein solches nicht
in Frage kommt, er der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und
kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht.