Abteilung Presse und Information

PRESSEMITTEILUNG N° 02/04

7. Januar 2004

Urteil des Gerichtshofes in den Rechtssachen C-204/00 P u. a.



Aalborg Portland A/S, Irish Cement Ltd, Ciments français SA, Italcementi – Fabbriche Riunite Cemento SpA, Buzzi Unicem SpA und Cementir – Cementerie del Tirreno SpA

DER GERICHTSHOF BESTÄTIGT IM WESENTLICHEN DAS URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ AUS DEM JAHR 2000 ÜBER DAS ZEMENTKARTELL

Nur die gegen die Ciments français SA verhängte Geldbuße wird von 13 570 000 Euro auf 9 620 000 Euro herabgesetzt; die Geldbußen der übrigen Rechtsmittelführerinnen bleiben unverändert


Wettbewerbswidrige Verhaltensweisen und Vereinbarungen stellen Wirtschaftsdelikte dar, die darauf abzielen, die Gewinne der an ihnen beteiligten Unternehmen zu maximieren. Die nachteiligen Auswirkungen auf den Markt und auf die Verbraucher sind im Zementsektor besonders schwerwiegend, da sie sich auf die Bau- und Wohnungswirtschaft und allgemein auf den Immobilienmarkt erstrecken.

Mit einer Entscheidung aus dem Jahr 1994 beanstandete die Kommission eine Reihe von Vereinbarungen und Verhaltensweisen auf dem europäischen Weiß- und Grauzementmarkt und verhängte Geldbußen von insgesamt etwa 250 Millionen Euro.

Das von den betroffenen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen angerufene Gericht erster Instanz der EG bestätigte in einem Urteil aus dem Jahr 2000 im Wesentlichen die Entscheidung der Kommission; es änderte jedoch die verhängten Sanktionen (anhand des Grades der Verwicklung der Unternehmen in das Kartell) und setzte sie auf einen Gesamtbetrag von etwa 110 Millionen Euro herab.

Sechs Unternehmen legten sodann Rechtsmittel beim Gerichtshof ein.

Im Rahmen eines Rechtsmittels beschränkt sich der Gerichtshof auf die Prüfung von Rechtsfragen und nimmt keine Tatsachenwürdigung vor; er hat zu prüfen, ob das Gericht keine Rechts- oder Begründungsfehler begangen und keine Beweismittel verfälscht hat.

Mit seinem heutigen Urteil bestätigt der Gerichtshof im Wesentlichen das Urteil des Gerichts.

Was das Rechtsmittel der Buzzi Unicem SpA (vormals Unicem SpA) anbelangt, die geltend macht, das Gericht habe insofern einen Beurteilungsfehler begangen, als sie in einer mit dem Beschluss, die nationalen Beschwerdepunkte fallen zu lassen, und der Entscheidung der italienischen Wettbewerbsbehörde unvereinbaren Weise doppelt (auf Gemeinschaftsebene und auf nationaler Ebene) zur Verantwortung gezogen worden sei, so billigt der Gerichtshof die rechtliche Würdigung durch das Gericht. Eine doppelte Auferlegung der Verantwortung kann nämlich nur dann vorliegen, wenn der Sachverhalt, der Zuwiderhandelnde und das geschützte Rechtsgut identisch sind. Das Gericht ist jedoch zutreffend davon ausgegangen, dass die Entscheidungen der italienischen Behörde und der Kommission nicht denselben Sachverhalt betrafen.

Das Rechtsmittel der Aalborg Portland A/S war u. a. auf die Feststellung gerichtet, dass das Gericht ihr die von der Aktieselskabet Aalborg Portland-Cement Fabrik begangenen Zuwiderhandlungen zu Unrecht zugerechnet habe, weil diese nicht zu existieren aufgehört habe, auch wenn ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten auf Aalborg übergegangen seien. Der Gerichtshof bestätigt die Entscheidung des Gerichts und vertritt die Ansicht, dass die beiden Gesellschaften eine wirtschaftliche Einheit bilden (das von Aalborg ab 1990 geführte Unternehmen ist mit dem zuvor von der anderen Gesellschaft geführten Unternehmen identisch).

In Bezug auf die Festsetzung der Geldbußen hat das Gericht zu prüfen, ob sie in angemessenem Verhältnis zu Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung stehen. Das Gericht setzte in seinem Urteil die von der Kommission verhängten Geldbußen anhand der tatsächlichen Dauer der Beteiligung am Kartell (die kürzer war als von der Kommission angenommen) anteilmäßig herab.

Der Gerichtshof bestätigt im Wesentlichen die Erwägungen des Gerichts zu den Geldbußen.

Nur die gegen die Ciments français SA verhängte Geldbuße wird vom Gerichtshof herabgesetzt. Ciments français trug vor, da sie die Kontrolle über ihre belgische Tochtergesellschaft erst im Jahr 1990 übernommen habe, müsse der Umsatz dieser Tochtergesellschaft bei der Berechnung der Geldbuße unberücksichtigt gelassen werden (wie es das Gericht bei ihrer spanischen und ihrer griechischen Tochtergesellschaft getan habe, deren Kontrolle sie ebenfalls im Jahr 1990 übernommen habe).
Aufgrund dieses offensichtlichen Beurteilungsfehlers wird das Urteil des Gerichts aufgehoben, soweit es die Höhe der Geldbuße von Ciments français betrifft. Da der Gerichtshof über alle erforderlichen Angaben verfügt, hat er den Rechtsstreit selbst endgültig entschieden und die Geldbuße von Ciments français – auf der Grundlage der von diesem Unternehmen gelieferten und von der Kommission nicht angezweifelten Zahlen – auf 9 620 000 Euro herabgesetzt.


Nr. der Rechtssache  


Namen der Verfahrens-beteiligten  


Höhe der von der Kommission verhängten Geldbußen

(Entscheidung 94/815/EG vom 30. November 1994)

(Euro)  


Höhe der vom Gericht erster Instanz festgesetzten Geldbußen

(Urteil vom 15. März 2000)

(Euro)  


Höhe der vom Gerichtshof gebilligten Geldbußen
(Urteil vom 7. Januar 2004)

(Euro)  

C-211/00 P   Ciments français SA/Kommission   25 768 000   13 570 000   9 620 000  
C-204/00 P   Aalborg Portland A/S/Kommission   4 008 000   2 349 000   Bestätigt  
C-217/00 P   Buzzi Unicem SpA (vormals Unicem SpA)/Kommission   11 652 000   6 399 000   Bestätigt  
C-205/00 P   Irish Cement Ltd/Kommission   3 524 000   2 065 000   Bestätigt  
C-213/00 P   Italcementi Ԁ Fabbriche Riunite Cemento SpA/Kommission   33 580 000   25 701 000   Bestätigt  
C-219/00 P   Cementir Ԁ Cementerie del Tirreno SpA/Kommission   8 248 000   7 471 000   Bestätigt  


Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet.

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Den vollständigen Wortlaut des Urteils finden Sie heute ab ca. 12.00 Uhr MEZ auf unserer Homepage (www.curia.eu.int ).

Mit Fragen wenden Sie sich bitte an Isabelle Phalippou,
Tel.: (00352) 4303 3255, Fax: (00352) 4303 2734.
 

Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, vgl. Pressemitteilung Nr. 16/00 (http://curia.eu.int/de/actu/communiques/cp00/aff/cp0016de.htm).
Vgl. die nachstehende Tabelle.