Abteilung Presse und Information
PRESSEMITTEILUNG N° 03/04
7. Januar 2004
Urteil des Gerichtshofes in dem Vorabentscheidungsverfahren C-60/02
Rolex SA u. a.
Nach Ansicht des Landesgerichts setzt die Einleitung von Vorerhebungen voraus, dass das angelastete
Verhalten eine Straftat darstellt. Das österreichische Markenschutzgesetz lasse sich dahin auslegen, dass die
Ein- und Ausfuhr einer nachgeahmten Ware eine unzulässige Markenbenutzung darstelle, was beim bloßen
Transit einer solchen Ware durch das nationale Hoheitsgebiet nicht der Fall sei.
Das Gericht hat daher dem Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob eine solche Auslegung
des österreichischen Gesetzes mit der Verordnung über nachgeahmte Waren und unerlaubt hergestellte Vervielfältigungsstücke
oder Nachbildungen vereinbar sei.
Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass der Anwendungsbereich der Verordnung nicht von
der Art des nationalen Verfahrens (zivil-, straf- oder verwaltungsrechtlich) abhängt, in dem diese
Auslegung geltend gemacht wird.
Sodann erinnert er daran, dass das nationale Gericht das innerstaatliche Recht gemeinschaftsrechtskonform auszulegen
hat.
Sollte eine solche Auslegung nicht möglich sein, weil das österreichische Gericht der Auffassung
ist, dass das Markenschutzgesetz entgegen der Verordnung den bloßen Transit nachgeahmter Waren durch
das österreichische Hoheitsgebiet nicht untersage, steht die Verordnung der Anwendung dieses Gesetzes entgegen.
Trotz dieser Verpflichtung verbietet es jedoch der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen, ein
solches Verhalten strafrechtlich zu ahnden, und zwar auch dann, wenn die nationale Regelung
gemeinschaftsrechtswidrig sein sollte.
Im entgegengesetzten Fall, d. h. einer verordnungskonformen Auslegung, ist es Sache des nationalen
Gerichts, auf den Transit nachgeahmter Waren die zivilrechtlichen Sanktionen anzuwenden, die das nationale
Recht für die anderen verbotenen Verhaltensweisen vorsieht. Die Verpflichtung, das nationale Recht in
verordnungskonformer Weise auszulegen, kann jedoch für sich allein und unabhängig von einem Gesetz
eines Mitgliedstaats nicht die strafrechtliche Verantwortlichkeit festlegen oder verschärfen.
Verordnung Nr. 3295/94 vom 22. Dezember 1994 über Maßnahmen, welche das Verbringen
von Waren, die bestimmte Rechte am geistigen Eigentum verletzen, in die Gemeinschaft sowie
ihre Ausfuhr und Wiederausfuhr aus der Gemeinschaft betreffen (ABl. L 341 vom 30.12.1994,
S. 8-13).